# taz.de -- Europas Unis ungenügend: Zu viele Studienabbrecher | |
> Die EU-Kommission will ein neues Hochschulranking einführen und die | |
> Gelder für das Erasmus-Programm aufstocken. Noch immer gibt es in Europa | |
> zu wenig Uni-Absolventen. | |
Bild: Nicht jede/r hier sitzt sein Studium bis zum Ende ab. In Brüssel will ma… | |
BRÜSSEL taz | Die Europäische Kommission stellt den europäischen | |
Hochschulen ein schlechtes Zeugnis aus: "Zu wenige junge Europäer schließen | |
ihr Studium ab", sagte gestern die zuständige EU-Kommissarin Androulla | |
Vassiliou in Brüssel. Und forderte: "Wir brauchen modernere und qualitativ | |
bessere Hochschulen in der EU." Vassiliou unterbreitete dafür zahlreiche | |
Vorschläge, darunter auch ein alternatives Hochschulranking. Allerdings ist | |
sie für die Umsetzung der Vorschläge von den Mitgliedsstaaten abhängig, da | |
die Europäische Union in Bildungsfragen kaum direkte Kompetenzen hat. | |
Das neue Ranking soll zu einer Alternative zum Shanghai-Ranking werden und | |
ab 2013 erste Ergebnisse liefern. Dabei soll nicht nur die Forschung | |
berücksichtigt werden, sondern vor allem die Qualität der Lehre. Zurzeit | |
befinden sich nur 28 EU-Hochschulen unter den 500 von Shanghai | |
aufgenommenen Instituten; darunter zwei britische Hochschulen - nämlich | |
Oxford und Cambrigde -, die aber rangieren in den Top Ten. "Das liegt aber | |
nicht daran, dass wir in der EU schlechte Hochschulen haben. Das liegt | |
vielmehr am Typ der Auswertung. In unseren Bildungseinrichtungen liegt der | |
Schwerpunkt nicht immer auf der Forschung", sagte die | |
EU-Bildungskommissarin. | |
Das bestätigte auch Leslie Wilson, Generalsekretärin des Verbandes der | |
Europäischen Universitäten: "Wir haben ein großes Interesse an einem neuen | |
Ranking, das es uns auch erlauben würde, die Einrichtungen in der EU | |
miteinander zu vergleichen." Die EU-Kommission will bis Ende des Jahres ein | |
externes Unternehmen mit der Ausarbeitung des Ranking beauftragen. Dabei | |
berücksichtigt werden sollen Kriterien wie die Frage, wie viele Studierende | |
ein Professor betreut oder wie viele Studierende während ihrer Studienzeit | |
ins Ausland gehen. Allerdings ist die Beurteilung der Lehre wesentlich | |
schwieriger als die Einschätzung der Forschungsaktivitäten: "Ein Kriterium | |
bei Shanghai ist, ob in der Universität ein Nobelpreisträger arbeitet. Das | |
lässt sich leicht messen. Wie zufrieden die Studierenden mit ihren | |
Professoren sind, ist wesentlich schwieriger auszumachen", so Wilson. | |
## 13 Milliarden Euro für Bildung | |
Das Ranking soll langfristig auch die Qualität der europäischen | |
Universitäten verbessern. Die Kommissarin bedauerte vor allem, dass die | |
Mitgliedsstaaten noch nicht genug Geld in die Bildung stecken - im | |
EU-Durchschnitt sind das 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Deutschland | |
gibt rund 1,2 Prozent aus. Das sei auch ein Grund dafür, dass zurzeit nur | |
26 Prozent der europäischen Arbeitnehmer einen Hochschulabschluss | |
nachweisen können. Deutschland liegt mit 27 Prozent nur knapp über | |
europäischem Durchschnitt. In den Vereinigten Staaten liegt die Quote bei | |
41 Prozent. Die Amerikaner stecken 2,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts | |
in die Hochschulbildung. | |
"Wenn wir langfristig mit den USA oder Japan mithalten wollen, brauchen wir | |
mehr Hochschulabsolventen", sagte Vassilou. Sie will die europäische Quote | |
bis 2020 auf 40 Prozent erhöhen. Die EU-Kommission forderte die | |
Mitgliedsstaaten dazu auf, den Zugang zu Hochschulbildung für sozial | |
Benachteiligte zu erleichtern - auch mit einer entsprechenden finanziellen | |
Unterstützung. "Wenn ein Land Studiengebühren erhebt, muss es auch ein | |
entsprechendes Unterstützungssystem zur Verfügung stellen", sagte die | |
Kommissarin. | |
Die Europäische Kommission selbst will im nächsten Haushalt, der die Jahre | |
2014 bis 2020 umfasst, die Ausgaben für Bildung entscheidend erhöhen von | |
zurzeit rund 8 Milliarden auf über 15 Milliarden. Dem müssen die | |
Mitgliedsstaaten noch zustimmen. | |
Die Brüsseler Behörde will vor allem das Erasmus-Programm aufstocken: auf | |
rund 100 Millionen Euro im Jahr. Bisher haben knapp drei Millionen | |
Studierende vom Erasmus-Programm profitiert. Für die sieben Jahre ab dem | |
Jahr 2014 will die Kommission die Zahl verdoppeln. | |
20 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
## TAGS | |
Hochschule | |
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