# taz.de -- Stau vorm Studium: "Man kann das nur mit Humor nehmen" | |
> In mehreren Bundesländern sind zwei Abitur-Jahrgänge gleichzeitig fertig | |
> geworden. Die Unis müssten vorbereitet sein, wirken aber überfordert. | |
> Eine Abiturientin berichtet. | |
Bild: In den Unis ist schon einiges los: Jetzt kommen noch viel mehr Studierende | |
Anna Philina Burmester ist 18 Jahre alt und hat am Gymnasium Bremervörde | |
Abitur gemacht. Dann wollte sie studieren. Warum das nicht ganz so einfach | |
war, erzählt sie selbst: | |
"Ich will Lehrerin werden, obwohl ich ziemlich viel Schul-Chaos erlebt | |
habe. Erst habe ich die verkürzte Abizeit von acht Jahren absolviert – die | |
teilweise katastrophal organisiert war. Und als ich das Abi hatte, musste | |
ich mich sehr lange bewerben, bis ich einen Studienplatz in Latein und | |
Chemie bekam. Jede Uni wollte etwas anderes von mir. Es war echt | |
nervenaufreibend. Man kann das nur mit Humor nehmen – sonst bekommt man die | |
vielen Reformen im Bildungssystem nicht auf die Reihe. | |
Ich habe mich erst für Musik und ein zweites Fach beworben, an fünf oder | |
sechs Hochschulen. Ich musste fast überall hinfahren. Am Schluss hätte ich | |
aber nur einen Nachrückerplatz in Oldenburg bekommen. Das war mir zu | |
unsicher. Also habe ich auf die Fächerkombination Latein und Chemie | |
umgesattelt. Dafür habe ich mich nochmal an acht Universitäten in ganz | |
Deutschland anmelden müssen. Für mich war aber klar: Ich will unbedingt | |
sofort studieren. Mit dem Platz in Dresden bin ich zufrieden. Eine schöne | |
Stadt mit vielen kulturellen Angeboten. | |
Das G8 hätte man besser planen sollen. Man hat den Stoff einfach | |
zusammengequetscht. Trotzdem ist dann ganz viel ausgefallen. Zum Beispiel | |
wollten sie unseren Latein-Leistungskurs auf Englisch verteilen, weil wir | |
nur sieben Leute waren. Das hat mich total empört. Ich wollte mein Abi gut | |
machen und nicht behindert werden. Wenn man sich dahinter geklemmt hat, | |
ging es natürlich. Aber jeden Tag bis zur achten oder gar zehnten Stunde in | |
der Schule zu sein, das hat geschlaucht. | |
Was ich blöd finde ist, dass die Studienplatzsuche so schlecht organisiert | |
ist. Ich habe eine ganz ordentliche Abiturnote, das heißt ich hatte zuletzt | |
Zusagen einiger Unis. Ich nahm den Platz in Dresden – und blockierte damit | |
vielleicht einen Platz in Berlin, Leipzig oder Hamburg, wo ich auch Zusagen | |
hatte. | |
Ich finde, man könnte das auch zentral regeln. Dann ginge das alles | |
reibungsloser und man nähme niemandem seinen Platz weg. Für mich ist das | |
ein komisches Gefühl: Ich ziehe von zuhause aus – und alles ist so | |
unsicher. Erst muss man um einen Studienplatz buhlen und dann um einen | |
Platz im Studentenwohnheim." | |
PROTOKOLL: CHRISTIAN FÜLLER | |
Warum es für bis zu 50.000 Studienbewerber in diesem Wintersemester keinen | |
Platz geben wird, obwohl seit Jahren bekannt ist, dass der Ansturm von | |
neuen G8-Abiturientinnen und alten G9-Abiturienten bevorsteht, zeigt eine | |
Grafik der Bildungsbaustelle in der aktuellen sonntaz. Wie soll das neue | |
System funktionieren? Und warum klappt das alles nicht? Verantwortliche und | |
frustrierte Studienbewerber berichten. | |
23 Sep 2011 | |
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