# taz.de -- Neuer MDR-Chef: Bernd Hilder wird doch nicht Intendant | |
> Bei der Wahl zum Chef des Mitteldeutschen Rundfunks ist Bernd Hilder | |
> gescheitert. Grund könnte auch seine angebliche GEZ-Gebührenanmeldung | |
> sein. | |
Bild: Auch Seilschaften halfen nicht: Bernd Hilder ist bei der MDR-Intendantenw… | |
BERLIN taz | So schön ist der Kandidat der Politik bei einer | |
Intendantenwahl schon lange nicht mehr durchgefallen. Da sollte Bernd | |
Hilder, Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung, mit sanftem Druck der | |
Union und besonders der sächsischen Staatskanzlei auf den obersten Posten | |
beim MDR geschoben werden. | |
Und ging plötzlich bei der Wahl im Rundfunkrat der ARD-Anstalt für Sachsen, | |
Thüringen und Sachsen-Anhalt regelrecht unter. Um den Job zu bekommen, | |
hätte er eine Zweidrittelmehrheit der 41 anwesenden Gremienmitglieder | |
gebraucht. | |
Doch jetzt stimmten zwei Drittel gegen ihn: Bei nur 12 Ja- bei 29 | |
Nein-Stimmen habe Hilder am Ende einen ziemlich roten Kopf gehabt, | |
berichten Teilnehmer an der wie immer hinter verschlossenen Türen tagenden | |
Rundfunkratssitzung. | |
"Das war vernichtend", sagte nach der Wahl Rundfunkrat Wolfgang Marr, der | |
für den Thüringer Journalistenverband in dem Gremium sitzt. | |
Rote Köpfe gab es nicht nur beim glücklosen LVZ-Chefredakteur, sondern auch | |
beim MDR-Verwaltungsrat. Der hatte Hilder schließlich vorgeschlagen - und | |
sich dabei politischem Druck gebeugt. Vier Wahlgänge waren Anfang September | |
nötig, bis Hilder die erforderliche Mehrheit im Gremium hatte und die | |
zunächst favorisierte MDR-Justiziarin Karola Wille ausstach (taz | |
berichtete). | |
"Der Verwaltungsrat spielt ein ganz unschickliche Rolle", sagte Marr, da | |
einige aus dem siebenköpfigen Gremium während der Sitzung Rücksprache mit | |
ihren Landesregierungen gehalten hätten und nur so das Ergebnis pro Hilder | |
herauskam. | |
Hilder hat seine Chancen aber auch selbst geschmälert: Er schwieg zu den | |
Vorwürfen, Strohmann des sächsischen Staatskanzleichefs Johannes Beermann | |
(CDU) zu sein, und ließ Bitten des Rundfunkrats nach einem schriftlichen | |
Konzept für seine Arbeit beim MDR abblitzen. Dabei hat offenbar auch | |
Hilders angebliche GEZ-Gebührenanmeldung aus dem Jahr 2005 eine Rolle | |
gespielt. | |
Laut dem Formular hatte der damals neu in Leipzig zugezogene LVZ-Chef | |
angekreuzt, bereits Rundfunkgebühren zu zahlen - und handschriftlich ein | |
"leider" hinzugefügt (taz berichtete). In der Rundfunkratssitzung erklärte | |
Hilder laut Teilnehmern zwar, er glaube, dass es sich da um "eine | |
Fälschung" handele. | |
## Zurück bleiben nur Verlierer | |
Konkreten Nachfragen, warum er dann nicht dagegen juristisch vorgehe, wich | |
er aber aus. "Da bleibt ein Makel bei der Geschichte", kommentierte Marr. | |
Im skandalgeschüttelten MDR herrschte nach der Wahl bemerkenswert gute | |
Stimmung. Der Verwaltungsrat tagte am Nachmittag, nach MDR-Gesetz kann nur | |
der einen neuen Kandidaten vorschlagen. Wann und wer das sein wird, ist | |
unklar. | |
Zurück blieben die Verlierer: Sachsens Staatskanzleichef Johannes Bermann | |
hat nun sein Gesellenstück gründlich vergeigt, und auch Hilder reagierte am | |
Ende leberwurstbeleidigt: Nach der Wahl verschwand er durch die Hintertür | |
und ließ über dpa später ausrichten: "Schade. Gerne hätte ich dem MDR | |
geholfen, aus seiner Krise herauszukommen." | |
## Undurchsichtige Rolle | |
Zumindest der Rundfunkrat hat gestern wichtige Weichen gestellt, dass der | |
MDR das vielleicht auch alleine schafft. Denn die alte Garde ist so gut wie | |
weg: Nach den Sitzungen standen gestern Nachmittag noch Häppchen und die | |
Verabschiedung von MDR-Fernsehdirektor Wolfgang Vietze auf dem Programm, | |
der sowohl beim Kika-Millionenbetrug wie beim aktuellsten Skandal um den | |
geschassten MDR-Unterhaltungschef Udo Foht eine undurchsichtige Rolle | |
spielt. | |
Fohts Stelle ist übrigens unter Kennziffer 059/2011 ganz frisch | |
ausgeschrieben - Bewerbungsschluss ist der 12. Oktober. Beim Intendanten | |
wird es noch etwas länger dauern. | |
26 Sep 2011 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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