# taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Berlin: Harte 3,2 Kilometer für Grüne | |
> Die Koalitionsverhandlungen in Berlin sind mehr als zäh. Offen ist, ob | |
> die Grünen ihr Wahlversprechen halten können: Kein Bau der Stadtautobahn | |
> A 100. | |
Bild: Schon im Mai 2009 sprachen sich die Grünen gegen den Ausbau der Berliner… | |
BERLIN taz | Als der Wahlkampf zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin schon | |
fast vorbei war, klebten die Grünen noch mal Aufkleber nach. "A 100 | |
stoppen" stand nun auf den Plakaten, die Spitzenkandidatin Renate Künast | |
überlebensgroß zeigten. In einem Wahlkampf, in dem sich selbst Politiker | |
über mangelnde Inhalte beklagten, war das grüne Nein zum Weiterbau der | |
Stadtautobahn im Berliner Südosten eines der zentralen Themen. | |
Dieses Nein steht nun auf der Probe. Denn der mögliche Koalitionspartner, | |
die SPD, ist für den Bau. Auf zwei Sondierungsgesprächen meinten die | |
Vertreter der Parteien, eine Lösung des Konflikts gefunden zu haben: Man | |
wolle mit dem Bund verhandeln, ob die Mittel nicht anderweitig verwendet | |
werden könnten. Doch am Wochenende zeigte sich: Jede Partei legt den | |
Kompromiss so aus, wie es für sie passt. Das Thema muss also doch ganz | |
grundsätzlich in den Koalitionsverhandlungen auf den Tisch. | |
Die 3,2 Kilometer Autobahn sollen 420 Millionen Euro kosten, der Bund | |
bezahlt. Das Projekt wird damit nicht nur zur Zerreißprobe für die Grünen, | |
sondern auch für eine Koalition zwischen SPD und Grünen. | |
Um die Bedeutung der A 100 für die Grünen zu verstehen, spricht man am | |
besten mit Harald Moritz. Der Automechaniker ist fast so lange Mitglied der | |
Grünen wie in der Bürgerinitiative Stadtring-Süd, die gegen die | |
Verlängerung der A 100 kämpft. Und seit der Landtagswahl vor zwei Wochen | |
sitzt er auch für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus. | |
## Kostensteigerungen? Nicht ausgeschlossen | |
Was gegen die Autobahn spricht, können Moritz und seine Mitstreiter im | |
Schlaf aufzählen: Mehr Straßen führten zu mehr Verkehr mit allen | |
Nebenwirkungen für Anwohner und Umwelt - etwa Luftverschmutzung. Wohnhäuser | |
und Kleingärten müssten weichen und außerdem werde der Autobahnabschnitt | |
der teuerste der Republik. Eventuelle Kostensteigerungen noch gar nicht | |
einkalkuliert. | |
"Die A 100 ist ein sehr wichtiges Thema", sagt Moritz. Man habe lange | |
dagegen gekämpft, sich im Wahlkampf dagegen positioniert und sei auch in | |
den Sondierungen nicht davon abgerückt. "Unter grüner Regierungsbeteiligung | |
wird die nicht gebaut, das haben wir ausgeschlossen." | |
Das sieht auch Franz Schulz so, grüner Bürgermeister im Bezirk | |
Friedrichshain-Kreuzberg. Er kündigte jüngst seinen Parteiaustritt an für | |
den Fall, dass seine Partei den Bau der Autobahn mittragen würde. | |
Friedrichshain-Kreuzberg ist einer der Bezirke, der die negativen Folgen zu | |
spüren bekommen würde. Für Schulz geht es auch um Glaubwürdigkeit: "Ich | |
kann doch nicht Vabanque spielen, wenn ich bis zum letzten Moment vor der | |
Wahl gesagt habe: Mit uns gibt es keinen Weiterbau." | |
Entgegengesetzt die Position der SPD: Der Regierende Bürgermeister Klaus | |
Wowereit hatte auf einem Parteitag, bei dem die Delegierten über die | |
Autobahn abstimmen sollten, das Votum zum Bau mit seiner Person verknüpft: | |
Die Partei dürfe ihrem Spitzenpersonal nicht in den Rücken fallen, sagte | |
Wowereit vor gut einem Jahr: "Mit was soll man eigentlich in den Wahlkampf | |
gehen, wenn der Bürger zu Recht sagt: Ist denn der Regierende Bürgermeister | |
und der Landesvorsitzende nicht mehr in der Lage, seine eigenen Leute zu | |
überzeugen?" | |
## Verhinderung der A100 nur in der Opposition | |
Es ist nicht das erste Mal, dass die Grünen mit dem Versprechen, ein | |
Großprojekt zu stoppen, in eine Koalition gehen wollen. In Hamburg wollten | |
sie den Bau des Kohlekraftwerks Moorburg verhindern, in Rheinland-Pfalz die | |
Hochmoselbrücke. Beides scheiterte. Der Unterschied in Berlin: Hier gibt es | |
noch keine vergebenen Verträge, keine einzuhaltenden Vereinbarungen, die | |
Verbindlichkeiten schaffen. Noch lässt sich die Autobahn problemlos | |
beerdigen. | |
"Wenn man die Autobahn verhindern will, muss man in die Koalition gehen", | |
sagt Tilmann Heuser, Geschäftsführer des Bund für Umwelt und Naturschutz | |
Deutschland (BUND) Berlin. Er spielt damit auf die Alternative der SPD an: | |
Koaliert sie nicht mit den Grünen, gibt es eine rot-schwarze Koalition. Und | |
die CDU ist für die Autobahn. | |
4 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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