| # taz.de -- Piratenpartei im Bund: Die drei ??? | |
| > Drei Piraten erklären nebulös ihre politischen Ziele im Bund. Bei | |
| > Sachthemen wartet die Acht-Prozent-Partei aber lieber erst einmal das | |
| > Votum der Mitglieder ab. | |
| Bild: Keine Ahnung bei vielen Fragen: Der Berliner Fraktionschef der Piraten, A… | |
| BERLIN taz | "Ich freue mich jedes Mal", sagt die Bundesgeschäftsführerin | |
| der Piratenpartei, "wenn ich sagen kann: Das wissen wir nicht." Sie schaut | |
| bei diesen Worten begeistert in die Runde der Hauptstadtjournalisten, die | |
| ins Haus der Bundespressekonferenz gekommen sind, um den "bundespolitischen | |
| Vorstellungen der Piratenpartei" zu lauschen. Es ist nur so, dass Marina | |
| Weisband und ihre beiden Mitstreiter, der Parteichef Sebastian Nerz und der | |
| Berliner Fraktionschef Andreas Baum, ziemlich oft sagen, dass sie etwas | |
| nicht wissen. | |
| Auf satte 8 Prozent bundesweite Zustimmung ist die Piratenpartei seit der | |
| Berlin-Wahl am 18. September geklettert, nahezu 14.000 Menschen sind | |
| inzwischen Mitglieder. Diese bilden eine Art Schwarmintelligenz, deren | |
| politische Willensbekundung die drei Führungskräfte erst abwarten, bevor | |
| sie sich zu aktuellen Themen äußern. | |
| Die Erwartungen an die Piraten, diese politischen Senkrechtstarter, sind | |
| hoch. Wer sind sie denn nun? Was wollen sie? Und wo wollen sie eigentlich | |
| hin? So viel macht Parteichef Nerz klar: Die Piratenpartei schreibt sich | |
| "in einem Wort und ohne Bindestrich", sie ist "keine Eintagsfliege", sie | |
| ist eine "sozial-liberale Grundrechtepartei". | |
| Die Frage nach dem Wohin beantwortet Nerz so: Wenns klappt, dann erst mal | |
| nach der Bundestagswahl 2013 in die Regierung. Zu Themen wie | |
| Euro-Rettungsschirm, Afghanistankrieg oder der deutschen Außenpolitik | |
| gegenüber Libyen bleiben die drei PiratInnen Antworten schuldig. Wie | |
| gesagt: darüber müssen die Mitglieder abstimmen. Nächstes Jahr will man | |
| dann gemeinsam ein Programm verabschieden. | |
| ## "Es ist nicht leicht, transparent zu sein" | |
| Trotzdem, einen roten Faden gibt es. Der heißt Transparenz und zieht sich | |
| quer durch die Positionen von Bürgerbeteiligung bis Netzpolitik. Dass | |
| Transparenz auch ein Kreuz sein kann, haben die Berliner Piraten zu Beginn | |
| ihrer parlamentarischen Arbeit erfahren: vor der ersten Sitzung der | |
| künftigen Fraktion debattierten die Mitglieder, wie transparent sie sein | |
| sollen. Muss es einen Livestream geben? Ein Wortprotokoll? Ist die Sitzung | |
| überhaupt öffentlich? Lassen sich eventuell Szenen schwärzen? Am Ende war | |
| die Sitzung öffentlich - mit Audiostream. | |
| "Es ist nicht leicht, transparent zu sein", stellt Marina Weisband fest. | |
| Manchmal hindere es einen daran, zügig Antworten zu finden. Denn die | |
| Piraten gehen auch mit Nichtwissen transparent um. Da kann es schon mal | |
| passieren, dass der Landesvorsitzende die Verschuldung Berlins nicht kennt | |
| und ein Pirat daraufhin ein Programm fürs Handy schreibt, das den | |
| Schuldenstand sekundengenau ermittelt. | |
| Oder dass der Bundesvorsitzende auf mehrere Fragen hintereinander die | |
| Antwort gibt, seine Partei habe zu diesem Thema noch keine Position. Und | |
| das, obwohl alle Piraten betonen, dass die interne Entscheidungsstruktur es | |
| erlaubt, bei Bedarf sehr schnell zu einer Position zu finden. Bislang ist | |
| das wohl nicht passiert. | |
| ## Frauen werden nicht gezählt | |
| Stattdessen üben sich die drei in der Bundespressekonferenz im Politsprech. | |
| Man werde prüfen, man wolle wissen und beraten, sagen sie. Und auf die | |
| Frage nach den wenigen Frauen bei den Piraten antwortet Marina Weisband: | |
| "Wir erheben das Geschlecht unserer Mitglieder nicht." Schon wahr, aus | |
| "irgendwelchen Gründen", so die Psychologiestudentin, "haben Frauen weniger | |
| Interesse an politischen Parteien". In ihren Augen jedoch beginne echte | |
| Gleichberechtigung dort, wo man aufhört, Frauen zu zählen, "die Quote | |
| lehnen wir ab". | |
| Anderthalb Stunden sind vorüber. Auf die letzte Frage, wie sie sich in | |
| ihrer neuen ungewohnten Situation fühlt, lächelt Geschäftsführerin | |
| Weisband. "Ich finds gerade ganz toll", sagt sie, bis vor Kurzem habe sie | |
| mit ihren Parteifreunden die Räuberleiter gemacht beim Plakatekleben, die | |
| Wähler hätten die Piraten noch für eine Spaßpartei gehalten. Im Übrigen sei | |
| sie dankbar dafür, wenn jemand anderes Rat geben kann. "Wenn jemand sagt: | |
| ,Zu diesem Thema, da weiß ich was', find ich das ganz toll." | |
| 5 Oct 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| S. Bergt | |
| A. Maier | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
| Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
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