# taz.de -- Occupy Wall Street Proteste: "Der Zenit ist überschritten" | |
> Tausende zeigten ihre Solidarität mit den Besetzern der "Liberty Plaza" | |
> in New York. Besucher wie Naomi Klein sehen die Zeit für radikale | |
> Veränderungen gekommen. | |
Bild: Sie wollen den amerikanischen Traum retten: Demonstranten in New York. | |
WASHINGTON taz | Es ist der 19. Tag der Protestbewegung. Und der Moment, in | |
dem aus dem Häuflein von ein paar Dutzenden, die am 17. September den | |
Zuccotti Park in Manhattan besetzt und in "Liberty Plaza" zurück benannt | |
haben, eine nationale Bewegung wird. Tausende demonstrierten am Mittwoch | |
Nachmittag in New York ihre Unterstützung für die PlatzbesetzerInnen. | |
Einige der größten Gewerkschaften des Landes sind beteiligt. Darunter die | |
Autogewerkschaft, mehrere Transportgewerkschaften und der Dachverband | |
AFL-CIO. Viele DemonstrantInnen sind in Anzug und Krawatte direkt aus dem | |
Büro gekommen. Im Finanzdistrikt skandieren sie: "Kauft Aktien, keine | |
Politiker". Auf Transparenten ist zu lesen: "Besteuert die Reichen". | |
Busfahrer, Lehrer und Krankenschwestern versichern: "Wir haben dieselben | |
Ziele wie die Besetzer". | |
Gleichzeitig finden an 147 weiteren Orten in den USA Solidaritätsaktionen | |
statt. Vom hohen Norden bis hinunter nach Florida. Mehr als 30 neue Orte | |
sind über Nacht dazu gekommen. In der Hauptstadt Washington versammeln sich | |
Tausende von GewerkschafterInnen vor dem Kongress. In Sprechchören | |
erinneren sie ihre Abgeordneten daran, wer sie gewählt hat: "Wir sind das | |
Volk". In New York sagt der Transportgewerkschafter Larry Hanley: "Der Wind | |
dreht sich gerade." Und in Washington spürt Roger Hickey von der "Campaign | |
for Americas Future" ebenfalls eine Wende. "Diese Bewegung wird bleiben", | |
sagt er, "wir werden sie in alle Ecken des Landes tragen". | |
Die Aufbruchstimmung in der US-amerikanischen Linken hat Organisationen | |
zusammen gebracht, die seit Jahren getrennt waren. Während die | |
BesetzerInnen in den kommenden Tagen weitere Standorte einnehmen wollen – | |
darunter die Freedom Plaza in Washington, an der am Donnerstag ein | |
mehrtägiger Anti-Afghanistan-Kriegs-Protest anlässlich des zehnten | |
Jahrestags der ersten Bombardements beginnen soll – bereiten zahlreiche | |
GewerkschafterInnen eine landesweite Tournee vor. | |
## Obama zurückholen | |
Drei Tage lang haben sie in dieser Woche in Washington über ihre Strategien | |
diskutiert. Sie wollen den "amerikanischen Traum" retten. So hieß auch ihr | |
Kongress: "Take Back the American Dream." Manche von ihnen träumen davon, | |
bis zu den Wahlen ein linkes Gegenstück zur radikal rechten | |
Tea-Party-Bewegung zu werden. Sie wollen die populistische Bewegung sein, | |
die Präsident Barack Obama auf seine ursprünglichen Positionen zurückholt. | |
Diese Überlegungen in der Gewerkschaftsbewegung sind weit weg von den | |
Sorgen der "Occupy Wall Street". Für die BesetzerInnen spielen Wahlen | |
gegenwärtig keine Rolle. Ihnen geht es um die 99 Prozent der | |
US-Bevölkerung, die zunehmend verarmen, und die politisch dem Diktat des | |
einen Prozents der Bevölkerung ausgesetzt sind. "Ich bleibe, bis wir 100 % | |
geworden sind", hat ein Platz-Besetzer in New York am Mittwoch auf seinen | |
Karton geschrieben. | |
Auf dem Platz im südlichen Manhattan wird es unterdessen jeden Tag enger. | |
Tagsüber sind jetzt regelmäßig mehrere tausend Menschen dort. Und auch | |
nachts, wenn die Hartgesottenen unter den BesetzerInnen bei Herbstkühle und | |
Regen draußen schlafen, weil die Polizei keine Zelte zuläßt, gibt es immer | |
weniger Platz. | |
## Angriffe von rechts | |
Zahlreiche linke Prominente haben Besuche abgestattet. Darunter die | |
Globalisierungskritikerin Naomi Klein. Sie beschreibt den langen Weg von | |
einzelnen Aktionen bei Gipfeln wie in Seattle in den 90er Jahren hin zu der | |
Platzbesetzung in New York, die inzwischen in ihrer dritten Woche ist. "In | |
den 90er Jahren waren die Leute noch besoffen von der Gier auf Aktien", | |
sagt Klein in New York, "heute ist das anders. Der Zenit ist | |
überschritten". Sie hält die Zeit reif für radikale Veränderungen. | |
Von rechts gehen verschiedene republikanische Präsidentschaftskandidaten in | |
Angriffsstellung. Der Kandidat und ehemalige Pizza-Unternehmer, Herman | |
Cain, sagt: "Wer keinen Job hat, soll sich selbst verantwortlich machen. | |
Aber nicht die Wall Street oder die Regierung." Ein anderer | |
republikanischer Kandidat, Mitt Romney, nennt die "Occupy Wall Street" | |
einen "gefährlichen Klassenkampf". | |
Romney betreibt seinen Wahlkampf unter anderem mit mehr als 2,2 Millionen | |
Dollar Unterstützung aus dem Finanzsektor. Doch es ist nicht sicher, dass | |
die Basis seiner eigenen Partei ihm folgt. Umfragen – darunter eine von dem | |
konservativen Rasmussen-Institut – zeigen, dass auch dort die Bankenrettung | |
umstritten ist. Beinahe 80 Prozent der rechten Basis, so Rasmussen, würden | |
einem Satz zustimmen, der wie ein Schlachtruf der Occupy Wall Street-Leute | |
klingt: "Die großen Banken bekommen ein Rettungsprogramm. Die Mittelschicht | |
wird vergessen." | |
6 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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