# taz.de -- Geplatzte rot-grüne Koalition: Eigentlich war die Berliner CDU tot | |
> Nach dem Scheitern der Berliner Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und | |
> Grünen triumphiert die CDU. Schon ein Signal für die Bundestagswahl 2013? | |
Bild: Neue Hausherren gesucht. | |
BERLIN taz | Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vor zwei Wochen | |
stand die CDU noch als erfolgreiche Verliererin da. Sie hatte sich um 2,1 | |
auf 23,4 Prozent verbessert, was einem politischen Wunder nahekam, denn | |
zuvor hatte die Partei in Großstädten wie Hamburg und Bremen bittere | |
Wahlniederlagen erfahren. | |
Und obwohl als ausgemacht galt, dass schließlich SPD und Grüne die | |
Hauptstadt regieren würden, war die Freude bei der Union im Bund groß: | |
Peter Altmaier, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, sagte | |
nach der Wahl, die Berliner CDU könne ihr Glück noch gar nicht fassen. | |
Nun, nach dem Scheitern der rot-grünen Koalitionsverhandlungen, schlägt | |
diese Freude in Triumph um. "Die Grünen reagieren wie verwöhnte Kinder, | |
denen man den Ball weggenommen hat", sagt Peter Altmaier der taz. Die | |
mögliche SPD/CDU-Koalition bedeute "die Rückkehr zur Normalität, wonach | |
alle demokratischen Parteien untereinander koalitionsfähig sind". Wer will, | |
kann diesen Satz auch als Hinweis an die FDP verstehen, den | |
Koalitionspartner im Bund. | |
Auch Frank Henkel kann sein Glück kaum fassen. Als SPD und Grüne am | |
Mittwoch entnervt das Handtuch warfen, weilte der Spitzenkandidat der | |
Berliner CDU in Thüringen. Herbsturlaub. "Ich sehe keine unüberbrückbaren | |
Gegensätze zwischen SPD und Union", sagt er. Die Stadtautobahn A 100, an | |
der Rot-Grün gescheitert war, werde mit der CDU gebaut. | |
## Die Berlin war tot. Mausetot | |
Frank Henkel, 47, haftet nicht der Ruch der alten korrupten Westberliner | |
CDU an. Vom innenpolitischen Hardliner hat er sich zum smarten | |
Konsenspolitiker gewandelt. Dass er nun den Juniorpartner im Bündnis mit | |
der SPD geben soll, ist die Krönung seiner politischen Karriere. | |
Denn eigentlich war die CDU in Berlin tot. Mausetot. Beerdigt von ebenjenem | |
Klaus Wowereit, der die Hauptstadt-CDU nun an seine Seite holt. 2001 ließ | |
Wowereit - damals war die SPD Juniorpartner - das Bündnis mit der CDU | |
platzen. Der Bankenskandal hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Klaus | |
Wowereit verhandelte kurz mit Grünen und FDP über eine Ampelkoalition, dann | |
entschied er sich für die PDS. Die CDU versank zehn lange Jahre in der | |
Bedeutungslosigkeit. | |
"Die CDU ist nicht nur Frank Henkel", hatte Landeschef Müller vor der Wahl | |
immer wieder betont. "Hinter der Führungsspitze steckt immer noch die | |
Westberliner Frontpartei." Nun steht also die SPD mit an dieser Front. Und | |
sie wird die CDU nicht so herablassend behandeln können wie die Grünen. Nur | |
5 Prozentpunkte liegen zwischen SPD und CDU - vier von acht Senatorenposten | |
sind den Christdemokraten sicher. Frank Henkel könnte Innensenator werden. | |
Die Berliner Polizei in der Hand eines CDU-Mannes? Eine | |
Schreckensvorstellung für viele Sozialdemokraten. | |
Einfach werden die Verhandlungen in Berlin also nicht. Gerade erst hat die | |
SPD die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte eingeführt - die CDU lief | |
dagegen Sturm. Dissens gibt es auch in der Integrations- und | |
Bildungspolitik. Dennoch soll der neue Senat bis spätestens Anfang Dezember | |
stehen, sagt der alte und neue Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. | |
## Das Parteien-Karussel im Bund ist wieder eröffnet | |
Es gibt also kaum ein Zurück für die ehemaligen politischen Gegner. Bezogen | |
auf die Parteienpolitik im Bund, wo Rot-Grün bislang als die Konstellation | |
mit den größten Chancen gilt, zieht der Politologe Gerd Langguth folgenden | |
Schluss: "Spätestens jetzt ist jedem klar: Es gibt keine geschlossene Front | |
aus SPD und Grünen. | |
Es kann bei der nächsten Bundestagswahl leicht sein, dass es nicht für eine | |
Mehrheit aus SPD und Grünen reicht. Die Grünen werden dann möglicherweise | |
mit der CDU koalieren - vorausgesetzt, sie können sich gegenüber der Basis | |
als Retter aus einem Debakel präsentieren." | |
Auch CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wertet Berlin als Signal: "Der | |
Startschuss für eine rot-grüne Renaissance ist gründlich nach hinten | |
losgegangen". Politologe Langguth sieht in der neuen Hauptstadtkoalition | |
noch keine grundsätzliche Wende für die Union. "Frank Henkel verkörpert | |
nicht den Aufbruch", sagt Langguth, der sei ein "braver, solider Politiker, | |
aber kein intellektueller Vordenker einer Großstadtpartei". | |
6 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
A. Maier | |
U. Rada | |
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