# taz.de -- Kommentar Ende von Rot-Grün in Berlin: Mit Vollgas in die Vergange… | |
> Der Auftrag der WählerInnen war klar: Doch Rot-Grün wird es in Berlin | |
> nicht geben. Wie immer sind natürlich die anderen Schuld. Und das Konzept | |
> einer offenen Stadt ist gefährdet. | |
Schock. Ausgerechnet Berlin, die Stadt, in der sich 70 Prozent der | |
WählerInnen für ein linkes Regierungsbündnis ausgesprochen haben, sind die | |
rot-grünen Koalitionsgespräche geplatzt, bevor sie überhaupt richtig | |
begonnen haben. | |
Ausgerechnet die Stadt, die weltweit für ihr alternatives Leben gefeiert | |
wird, bekommt jetzt aller Wahrscheinlichkeit nach eine Große Koalition. Sie | |
wird also regiert von selbstverliebten Sozialdemokraten, die in den | |
vergangenen zehn Jahre unter der Führung von Wowereit den öffentlichen | |
Nahverkehr ruinierten. Gehsteige wurden im Innenstadtbereich auch nicht | |
mehr enteist. Die Partei, die die vergangenen zehn Jahre mit den Linken | |
regiert hat, geht nun mit dem selben Mann an der Spitze mit einer CDU | |
zusammen, die spießiger, rückwärtsgewandter und weltferner kaum sein kann. | |
Das ist bitter für alle, die darauf gebaut haben, dass der | |
WählerInnenauftrag ernst genommen wird, und im Berliner Roten Rathaus | |
endlich wieder eine Politik gemacht wird, die eine zukunftsfähige Mischung | |
hinbekommt zwischen sozialer Gerechtigkeit und ökologischer | |
Wirtschaftspolitik und dabei das, was Berlin so liebenswert macht, bewahrt | |
und weiter entwickelt: Das Konzept einer offenen Stadt. | |
Mit dieser Offenheit ist ab jetzt Schluss - zumindest soweit die | |
Berufspolitiker das Sagen haben. | |
Wie immer sind natürlich die anderen Schuld. Die Grünen sagen, Wowereit | |
hätte ja von vorneherein nicht mit nur einer Stimme Mehrheit regieren | |
wollen, viel zu anstrengend. Die SPD unterstellt den Grünen eine | |
Engstirnigkeit, die sich auf den absurden Streit versteift, ob eine | |
Stadtautobahn um 3,2 Kilometer verlängert werden darf oder nicht. Sie | |
unterschlägt dabei, dass gerade in Berlin die Verkehrspolitik bei den | |
Grünen lebendiger Gründungsmythos ist, der nach wie vor sehr eng an die | |
aktuelle Existenzberechtigung geknüpft ist. | |
Wie immer ist viel nur aus den landestypischen Spezifika heraus zu | |
verstehen. Eines aber hat bundesweite Gültigkeit: Rot-Grün oder Grün-Rot, | |
das ist kein Selbstläufer, das ist keine Selbstverständlichkeit. Da kann | |
sich Schwarz-Gelb noch so blamieren. | |
Selbst mit einem solch eindeutigen Wählerauftrag wie jetzt in Berlin zeigt | |
sich, dass die Gräben zwischen dem SPD-Verständnis von Industriepolitik und | |
einem ökologischen Gesellschaftsentwurf unüberwindbar sein können. | |
Demokratien können es aushalten, dass Verantwortungsträger sich gegen den | |
Mehrheitswillen der Bevölkerung stellen. Aber es bleibt bitter. Und sowohl | |
Grüne wie SPD müssen sich sagen lassen, dass bei allen Streitereien um | |
Details eines sicher ist: Dieses rot-schwarze Bündnis hat die Mehrheit | |
nicht gewollt. | |
5 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Ines Pohl | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Vor dem Bundesparteitag der Grünen: Zurück zu Kohl | |
Umverteilung von oben nach unten, ohne der Wirtschaft wehzutun. Wie soll | |
das gehen? Beim Grünen-Parteitag am Wochenende wird vor allem über | |
Spitzensteuern gestritten. | |
Geplatzte rot-grüne Koalition: Eigentlich war die Berliner CDU tot | |
Nach dem Scheitern der Berliner Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und | |
Grünen triumphiert die CDU. Schon ein Signal für die Bundestagswahl 2013? | |
Berliner CDU-Vorsitzender Frank Henkel: Freundlicher Hardliner | |
Auf einmal steht die CDU wieder als Koalitionspartner der SPD zur Debatte. | |
Und Frank Henkel, Partei-Vorsitzender in der Hauptstadt, könnte neuer | |
Innensenator werden. | |
Reaktionen auf rot-grünes Aus in Berlin: Wie groß ist der Schaden? | |
Falsche Versprechen, Klientelpolitik – Schuld sind immer die anderen. Was | |
rote und grüne Spitzenpolitiker zu den gescheiterten | |
Koalitionsverhandlungen in Berlin sagen. | |
Kommentar: Rot-Grün vergurkt: Wie blöd ist das denn? | |
Linke Parteien pflegen die Tradition, dass sie dann, wenn es drauf ankommt, | |
zusammen raufen, statt sich zusammenzuraufen. | |
Gescheiterte rot-grüne Verhandlungen Berlin: Kompromiss ja, Koalition nein | |
Eine Lösung beim Ausbau der A 100 schien zum Greifen nah. Dennoch kommt die | |
rot-grüne Koalition nicht zustande. SPD und Grüne geben sich gegenseitig | |
die Schuld. |