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# taz.de -- Proteste gegen syrisches Gewaltregime: Botschaften und Konsulate ge…
> Nachdem in Syrien ein kurdischer Oppositioneller hingerichtet wurde,
> demonstrierten Zehntausende. In Berlin, Hamburg, Wien und Genf stürmten
> Syrer und Kurden syrische Vertretungen.
Bild: Schlechte Aussichten für Assad? Die Statue seines Vaters wurde am Wochen…
BEIRUT/HAMBURG dapd/dpa | Die Tötung eines kurdischen Oppositionsführers in
Syrien hat für einen internationalen Aufschrei der Empörung gesorgt und die
bislang größten Proteste unter der Minderheit im Norden des Landes
ausgelöst. Am Samstag schlossen sich in der Stadt Kamischli nach Angaben
von Menschenrechtsaktivisten Zehntausende einer Prozession zur Beerdigung
von Maschaal Tammo an. Syrische Sicherheitskräfte eröffneten das Feuer auf
die Trauernden und töteten mindestens fünf Menschen.
Zahlreiche weitere Menschen seien dabei verletzt worden, teilten die
Aktivisten weiter mit. Die Demonstranten nutzten den Gedenkmarsch für
politische Forderungen und verlangten den Rücktritt von Präsident Baschar
Assad: "Geh, geh!" riefen sie.
Am Sonntag gingen in Kamischli erneut Hunderte Menschen auf die Straße und
besuchten die Beerdigung der fünf Opfer vom Vortag. Vor der Gedenkfeier
hätten über 100 Angehörige der Sicherheitskräfte den Hauptplatz der Stadt
im Nordosten des Landes besetzt, sagte der Menschenrechtsaktivist Mustafa
Osso.
Der kurdische Oppositionsführer Maschaal Tammo war am Freitag von
vermummten Bewaffneten in seiner Wohnung getötet worden. "Ganz Kamischli
ist heute auf den Straßen, die Beerdigung entwickelt sich zu einem massiven
Protest", sagte der Aktivist Mustafa Osso der Nachrichtenagentur ap.
Klagerufe von Trauernden waren während des Telefonats zu hören. Osso sagte,
mehr als 50.000 Menschen seien zur Beerdigung Tammos gekommen.
## Gewaltsame Proteste in Westeuropa
In Berlin und Genf demonstrierten Exil-Syrer gegen die Ermordung Tammos. In
Berlin drangen rund 30 Menschen in der Nacht auf Sonntag in die syrische
Botschaft ein. Nach anfänglichen Protesten auf der Straße hätten sie den
Zaun um das Gelände aufgebrochen und seien in das Gebäude gestürmt, teilte
die Polizei auf dapd-Anfrage mit.
Etwa 40 kurdische Syrer protestierten am Samstagnachmittag vor der
syrischen UN-Mission in Genf. Fünf davon gelang es, in eines der Büros der
Mission in einem mehrstöckigen Gebäude einzudringen. Sie schwenkten
syrische Flaggen und warfen Dokumente aus dem Fenster auf die Straße. Die
fünf Eindringlinge wurden später festgenommen, wie ein Sprecher der Genfer
Polizei sagte.
Zerbrochene Scheiben, Verwüstung und Festnahmen: 30 Gegner des Regimes in
Syrien haben in der Nacht zum Sonntag das Gebäude des Honorarkonsulats der
Arabischen Republik Syrien in Hamburg gewaltsam gestürmt. Wie die Polizei
am Sonntag mitteilte, zerschlugen sie die Eingangstür und Fenster und
verwüsteten die unteren Räume des Gebäudes in der Hafencity. Sie
protestierten laut gegen die Regierung von Präsident Baschar al-Assad und
hängten Plakate in den Räumen auf. "Assad, hör auf unschuldige Menschen zu
töten" und "Weg mit Assad. Lass die Kinder leben" war darauf zu lesen. Die
Polizei nahm vier Menschen fest.
Auch in Wien sind syrische Oppositionelle am Wochenende zur Botschaft des
Landes gezogen, um gegen Assad zu protestieren. In der Nacht zum Samstag
drang eine Gruppe von Regimegegnern in die Räume der syrischen Botschaft in
Wien ein, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag. Elf Männer wurden
vorläufig festgenommen, alle seien syrische Staatsangehörige. Eine Gruppe
hielt sich während der Aktion vor dem Gebäude auf der Straße auf. Als die
Polizei gerufen wurde, konnte ein Teil der Beteiligten flüchten. Es gab
keine Verletzten, allerdings erheblichen Sachschaden. Es sei aber nichts
gestohlen worden.
## Tammo war früher politischer Gefangener
Der 53-jährige Tammo war in den vergangenen Monaten einer der führenden
Organisatoren der Protestbewegung in Kamischli. Er saß früher als
politischer Gefangener in Haft, war Sprecher der Kurdischen Zukunftspartei
und Mitglied des Exekutivkomitees des neugegründeten Syrischen
Nationalrats. Viele Oppositionsanhänger machen das Regime in Damaskus für
seine Ermordung verantwortlich.
Die Angehörigen der kurdischen Minderheit in Syrien beklagen bereits seit
langem die Diskriminierung durch die Behörden. Präsident Assad gewährte im
April vormals staatenlosen Kurden die syrische Staatsbürgerschaft, um
angesichts der aufkeimenden Proteste dem Unmut der Kurden entgegen zu
treten. Kurden machen rund 15 Prozent der syrischen Bevölkerung aus.
Zwar nahmen einzelne Angehörige der Minderheit immer wieder an den
Protesten gegen die Regierung teil, doch haben sich die kurdischen
Organisationen bislang nicht offiziell auf die Seite der Opposition
gestellt.
Ein Vertreter der Regierungsgegner sagte, viele Syrer hofften auf eine
kurdische Unterstützung der Protestbewegung. Die sensiblen Beziehungen
zwischen Arabern und Kurden würden sie davon aber noch abhalten. "Es gibt
einen Mangel an Vertrauen auf beiden Seiten. Die Kurden haben Angst. Sie
wurden immer von den Entscheidungsprozessen ausgeschlossen und das fürchten
sie auch für die Zukunft", sagte der Oppositionsvertreter, der nicht
namentlich genannt werden wollte.
## Syrische Opposition organisiert sich neu
In der autonomen Kurdenregion im Irak forderten syrisch-kurdische
Oppositionsparteien ein internationales Eingreifen. "Die Ermordung von
Maschaal Tammo ist ein Beweis für das barbarische Wesen des syrischen
Regimes", sagte der Sprecher der Syrischen Linkspartei, Nureddin Othman,
der Nachrichtenagentur AP.
Auch in Duma, einem Vorort von Damaskus, schossen Sicherheitskräfte nach
Angaben von Aktivisten auf Teilnehmer eines Trauermarschs. Ein 14-jähriger
Junge sei getötet worden, zehn weitere Menschen seien verletzt worden,
erklärten die Örtlichen Koordinationskomitees und die
Menschenrechtsorganisation Syrian Observatory for Human Rights mit Sitz in
London.
Die syrische Opposition arbeitete unterdessen weiter an der Organisation
ihrer Bewegung. Die Koordinierung der Regierungsgegner ist nach den Worten
des Vorsitzenden des neu gebildeten Nationalrats für den Erfolg einer
demokratischen Revolution in Syrien dringend nötig. Er rechne damit, dass
seine Organisation in den kommenden Wochen anerkannt werde, sagte Burhan
Ghaliun am Samstag in Stockholm.
Im vergangenen Monat wurde die Gründung des Rats in der Türkei bekannt
gegeben. Bislang hat jedoch niemand das Gremium anerkannt. Ghaliun war
einer von fast 100 Oppositionellen, die in der schwedischen Hauptstadt Wege
zum Sturz des Regimes von Präsident Assad erörtert haben.
9 Oct 2011
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