# taz.de -- Ausbau der Ökoenergie: Strompreise bleiben stabil | |
> Entgegen allen Prognosen müssen die Deutschen im nächsten Jahr für | |
> regenerativen Strom nicht mehr bezahlen. Umweltminister Norbert Röttgen | |
> ist erleichtert. | |
Bild: Erneuerbare Energie: Montage einer Solaranlage. | |
BERLIN taz | Stromkunden in Deutschland zahlen ab dem nächsten Jahr für den | |
nationalen Ausbau der Ökoenergien fast genauso viel wie im Vorjahr. Die am | |
Freitag bekannt gegebenen Zahlen der Umlage nach dem | |
Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für das Jahr 2012 sind mit Spannung | |
erwartet worden. | |
Sie gelten als Gradmesser dafür, was der Umstieg auf eine Energieversorgung | |
aus Sonne, Wind, Wasser, Biomasse und Goethermie kostet. Nun liegen die | |
Zahlen zum ersten Mal nach dem von Schwarz-Gelb beschlossenen Atomausstieg | |
vor. | |
Die Kosten: Die EEG-Umlage steigt ab 2012 um 0,062 Cent auf dann 3,592 Cent | |
pro Kilowattstunde. Jeder Stromkunde in Deutschland zahlt seit dem Jahr | |
2000 mit seiner Stromrechnung automatisch die EEG-Umlage und finanziert | |
damit den Ausbau erneuerbarer Energien. | |
Insgesamt werden es 2012 14,1 Milliarden Euro sein. Auf das Jahr | |
hochgerechnet, macht das für einen durchschnittliche Haushalt mit drei | |
Personen 2,17 Euro mehr als 2011, insgesamt rund 126 Euro, 14,4 Prozent der | |
Stromrechnung. | |
Die Gegenleistung: Im ersten Halbjahr 2011 deckten heimische regenerative | |
Energien bereits 20 Prozent des Strombedarfs, 1998 waren es noch unter 5 | |
Prozent. Allein der neueste Zubau von Sonnen- und Windkraftwerken binnen | |
zwei Jahren erzeugt dreimal so viel Strom wie der jüngste Atomreaktor | |
Deutschlands, Neckarwestheim 2. | |
Die Diskussion: Sie folgt stets den gleichen Mustern: Verbraucherschützer | |
warnen vor der Belastung der Stromkunden, die energieintensive | |
Stahlindustrie droht, nach Indien auszuwandern, die Regenerativindustrie | |
betont die volkswirtschaftlichen Vorteile erneuerbarer Energien, | |
schließlich bleibt das Geld weitestgehend im Land. | |
Noch im Frühjahr war das Bundesumweltministerium davon ausgegangen, dass | |
die EEG-Umlage sogar sinken werde - weil sie bereits Anfang 2011 um rund | |
1,5 Cent gestiegen war. Allerdings soll ab nächstem Jahr ein Puffer | |
angespart werden - ein Grund, warum die Preise nicht sinken. | |
Die Reaktionen: Teile der Union geißeln traditionell die Förderung von | |
Solarenergie. Die bekommt mit 8,6 Milliarden 2012 den größten Zuschuss - | |
abgezogen werden müssen noch die Einnahmen aus dem Stromverkauf von rund | |
1,5 Milliarden Euro. | |
Allerdings wird Solarenergie 2012 bereits 5 Prozent des deutschen | |
Stromverbrauchs decken, große Solarkraftwerke auf Freiflächen werden dann | |
geringer gefördert werden als die Windkraft auf See. Die findet in der | |
Union besonderen Anklang. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) freute | |
sich dennoch über den geringeren Zubau an Solarenergie in 2011. | |
Er stand als einer der Befürworter der Energiewende wegen möglicher Kosten | |
unter Druck. Röttgen: "Die stabile Entwicklung der EEG-Umlage zeigt, dass | |
unser Ziel einer weiteren Steigerung auf mindestens 35 Prozent bis 2020 | |
machbar ist und dass die Maßnahmen zur Kostenbegrenzung Wirkung zeitigen." | |
Die Berechnung: Die Kosten für regenerativ erzeugten Strom ergeben sich aus | |
der Differenz der Kosten für Wind- oder Solarstrom und den Kosten für | |
Kohle-, Gas- oder Atomstrom. Letztere sind unter anderem deshalb billiger, | |
weil Umweltkosten und Klimaschäden die Allgemeinheit tragen. Wird also | |
fossiler Strom teurer, braucht der regenerative Strom weniger Zuschüsse | |
oder wird sogar die günstigere Alternative. | |
Weil aber eine Aussage über den Kohlepreis im Jahr 2017 Kaffeesatzleserei | |
ist, sind langfristige Prognosen über Kosten oder gar Gewinne der | |
Energiewende schwer. Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2050 rund 80 | |
Prozent des deutschen Strombedarfs aus regenerativen Energien decken. | |
14 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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