# taz.de -- EU legt sich mit Spekulanten an: Das Ende der Geduld | |
> Die EU droht den Finanzmärkten mit Verboten. Den Rating-Agenturen soll | |
> die Benotung von Staatsanleihen vorübergehend untersagt werden. | |
Bild: Sollen öffentlich nicht mehr Staaten bewerten: Ratingagenturen wie Stand… | |
BERLIN taz | Die Regierungen der EU-Staaten und die Europäische Kommission | |
verlieren zunehmend die Geduld mit dem Treiben der Finanzinvestoren. Die | |
Regulierung des Marktes wird strenger. | |
Darauf deuten zwei neue Vorhaben hin: EU-Kommissar Michel Barnier erwägt, | |
Rating-Agenturen die Benotung von Staatsanleihen vorübergehend zu | |
untersagen. Außerdem haben sich das EU-Parlament und die nationalen | |
Finanzminister geeinigt, sogenannte Leerverkäufe und | |
Kreditausfallversicherungen für Staatspapiere bei Bedarf zu verbieten. | |
Im Falle der Ratings soll die europäische Finanzmarktaufsicht Esma die | |
Möglichkeit erhalten, die Veröffentlichung von Bewertungen zeitweise zu | |
untersagen. Wie und wann, muss noch genauer definiert werden. | |
Vor allem die drei beherrschenden Rating-Agenturen Standard & Poors, Moodys | |
und Fitch bewerten regelmäßig die Bonität von Unternehmen und Staaten. Die | |
Frage dabei lautet: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass | |
beispielsweise Regierungen ihre Schulden an diejenigen Investoren | |
zurückzahlen, die Staatsanleihen gekauft haben? | |
Werden die Urteile der Agenturen schlechter, müssen die Regierungen | |
Geldgebern höhere Zinsen zahlen. In den vergangenen Monaten beschwerte sich | |
unter anderem die spanische Regierung über die sinkenden Ratings der | |
Agenturen. Das Argument Madrids: Wir bemühen uns, Wirtschaft und Haushalt | |
zu sanieren, doch die Agenturen erschweren uns diese Aufgabe. | |
## Keine Spekulation auf Staatsbankrotte | |
Wenn sinkende Ratings Reformbemühungen durchkreuzen, soll die | |
Finanzmarktaufsicht die Veröffentlichung künftig untersagen. Dies könnte | |
den Regierungen beispielsweise auch etwas Ruhe geben, wenn sie schwierige | |
Maßnahmen gegen eine Finanzkrise wie den Stabilisierungsfonds EFSF auf den | |
Weg bringen wollen. In der aktuellen Situation würde das Gesetz allerdings | |
nicht helfen. Es tritt frühestens im Herbst 2012 in Kraft. | |
Als zweite Maßnahme wird es wohl bald eine europäische Verordnung geben, um | |
bestimmte spekulative Finanzgeschäfte mit Staatspapieren einzuschränken. | |
Das Europaparlament und der EU-Rat wollen Leerverkäufe und | |
Kreditausfallversicherungen für Staatsanleihen zeitweise verbieten. | |
Bei Leerverkäufen handeln Investoren mit Staatspapieren, die sie nicht | |
besitzen. Sie können damit sehr große Summen bewegen und den Wert von | |
Staatsanleihen nach oben oder unten treiben. Im Zuge der Schuldenkrise | |
bereiteten solche Geschäfte Staaten wie Griechenland große Probleme. | |
Einzelne EU-Mitglieder, darunter Deutschland, haben Leerverkäufe bereits | |
zeitweise verboten. | |
Außerdem bannen will die EU auch die Spekulation mit ungedeckten | |
Kreditausfallversicherungen. Solche Geschäfte dienen Investoren eigentlich | |
dazu, sich gegen den Verlust bestimmter Wertpapiere abzusichern. Man kann | |
sie jedoch ebenfalls als reines Spekulationsmittel einsetzen, um den Kurs | |
und Zinssatz von Staatsanleihen zu beeinflussen. In solchen Fällen, die | |
Staaten an den Rand der Pleite bringen können, soll künftig ein Verbot | |
gelten. | |
"Die Regelung bedeutet, dass Hedgefonds nicht länger | |
Kreditausfallversicherungen für Staatsschulden kaufen können, ohne auch | |
tatsächlich die entsprechenden Titel der betroffenen Länder zu besitzen", | |
sagte der Grünen-EU-Abgeordnete Sven Giegold. "Damit werden | |
Finanzmarktjongleure nicht mehr auf den Bankrott eines Landes spekulieren | |
können." | |
20 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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