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# taz.de -- 50 Prozent mehr Piraten seit der Berlin-Wahl: Ansturm auf Orange
> Seit dem Wahlerfolg der Piraten wächst die Mitgliederzahl rasant. Dabei
> will die Partei unbedingt vermeiden, dass sich Karrieristen oder gar
> Rechte einschleichen.
Bild: Attraktive Truppe: Die Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus
Nach ihrem Erfolg bei der Abgeordnetenhauswahl sieht sich die Berliner
Piratenpartei mit einem Mitgliederansturm konfrontiert. Von Anfang
September bis Anfang Oktober stieg die Zahl der Mitglieder im Landesverband
von gut 1.000 auf mehr als 1.500 an. Anfang August waren es noch rund 900
gewesen. Der stärkere Zulauf begann offenbar schon kurz vor der
Abgeordnetenhauswahl, als die Meinungsumfragen die Partei deutlich über der
Fünfprozenthürde sahen.
"Wir hatten vorher einen, der sich um die Mitgliederverwaltung gekümmert
hat, der hat sich jetzt noch drei Unterstützer geholt", berichtet der
künftige Abgeordnete Gerwald Claus-Brunner. Diese Entwicklung bekommen
Neumitglieder trotzdem zu spüren: "Da die Bestätigungen stoßweise
herausgeschickt werden, schwankt die Wartezeit sehr stark", sagt Helge
Eichelberg, der mit der Mitgliederverwaltung betraut ist. Im schlimmsten
Fall müssten die Interessenten zwei bis drei Wochen warten, ehe sie eine
Rückmeldung zu ihrem Mitgliedsantrag bekämen.
Doch der starke Zulauf hat weitere Nebenwirkungen. "Das zieht natürlich
auch Deppen an", sagt der künftige Abgeordnete Philipp Magalski.
"Machthungrige und -gierige Menschen, die wir in unserer Partei, die auf
Ideale gebaut ist, nicht brauchen können." Ärgerlich sei es, dass man sich
dann mit "solchen Leuten" auseinandersetzen müsse. "Es ist natürlich
schwierig, die rauszufiltern, man kann ja keine Gedanken lesen", sagt
Claus-Brunner. Er setzt darauf, dass eine solche Absicht nicht dauerhaft
verborgen bleiben könne - und es spätestens bei internen Wahlen
entsprechenden Gegenwind gebe.
Einem weiteren Problem soll ein Antrag im internen Abstimmungssystem der
Piraten, dem Liquid Feedback, einen Riegel vorschieben: Auf
Mitgliedsanträgen des Landesverbandes sollen die Parteianwärter nach
früheren Mitgliedschaften in politischen Organisationen gefragt werden -
eine Antwort wäre allerdings freiwillig. Damit hofft man, Fälle, wie sie in
der vergangenen Woche aus Mecklenburg-Vorpommern und Bayern bekannt wurden,
zu vermeiden. Es hatte sich herausgestellt, dass unter anderem ein Mitglied
eines Landesvorstands zuvor Mitglied der NPD gewesen war. "Damit ließe sich
vermeiden, dass so etwas im Nachhinein herauskommt", sagt Magalski. Der
Antrag befindet sich derzeit noch in der Abstimmungsphase.
"Man müsste langsam einrichten, dass man Neumitglieder kurz befragt, was
sie zum Beitritt bewegt", schlägt Claus-Brunner vor. Liege etwa
strafrechtlich Relevantes wie Volksverhetzung im Zusammenhang mit
vergangenen Parteimitgliedschaften vor, müsse man die Möglichkeit haben,
einen Eintritt abzulehnen. "Das darf aber natürlich keine
Gesinnungskontrolle werden", sagt Claus-Brunner.
## "Den Arsch aufgerissen"
Das Risiko, dass der Landesverband von Karrierehungrigen oder
Rechtsextremen übernommen wird, schätzt Magalski dennoch als gering ein.
"Wir wissen, wer sich hier seit zwei, drei Jahren den Arsch aufgerissen hat
und für diesen Wahlerfolg verantwortlich ist", sagt er, mit Blick auf die
bei der Abgeordnetenhauswahl erreichten 8,9 Prozent. Rechtsextremen
Einflüssen könne man am ehesten begegnen, indem man sich inhaltlich breiter
aufstelle. "Solange wir zu vielen Dingen keine Aussage getroffen haben,
werden sich einige Holzköpfe denken, sie könnten etwas in ihre Richtung
drehen."
21 Oct 2011
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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