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# taz.de -- Nach Protesten in Bolivien: Straßenbau im Urwald gestoppt
> Aufgrund des Drucks sozialer Bewegungen legt Präsident Morales sein Veto
> gegen den Bau einer Fernstraße ein. Sie hätte Rodung gefördert, die zum
> Klimawandel beiträgt.
Bild: Präsident Evo Morales lässt sich in La Paz feiern, nachdem er den Stra�…
PORTO ALEGRE taz | In La Paz stehen die Zeichen auf Entspannung: Bereits am
Tag nach dem Einmarsch der Tiefland-IndianerInnen hat Boliviens Präsident
Evo Morales sein Veto gegen einen Gesetzentwurf seiner "Bewegung zum
Sozialismus" (MAS) eingelegt. "Es wird verfügt, dass weder die Straße Villa
Tunari-San Ignacio de Moxos noch irgendeine andere das indigene Territorium
und den Nationalpark Isiboro-Sécure durchqueren wird", teilte der
Staatschef am Freitagabend mit. Morales Entscheidung ist ein wichtiger
Schritt zum Erhalt des Schutzgebietes Tipnis im Amazonastiefland, für den
Betroffene 65 Tage an Protestmärschen teilgenommen hatten. Die Straße hätte
zur Rodung von Urwald beigetragen, die den Klimawandel fördert.
Morales Zugeständnis war der denkbar günstigste Einstieg in die
Verhandlungen, die er nun täglich im Präsidentenpalast mit Abgesandten der
Marschierer führt. Deren Forderungskatalog umfasst noch 15 weitere Punkte,
von der Beteiligung der indigenen Völker an den geplanten
Nationalparkgesetzen bis hin zum Schutz des Pilcomayo-Flusses im Südosten
Boliviens. Auch an staatlichen Gesundheits- und Wohnungsbauprogrammen oder
im Medienbereich möchten die Tiefland-Indígenas stärker beteiligt werden.
Zahlenmäßig wie politisch dominieren in Bolivien die Aymara und Quechua aus
dem Andenhochland.
"Das Thema Tipnis ist abgehakt", erklärte Morales auf der Pressekonferenz,
in der er eine "profunde Wende" vorstellte und die "Unberührbarkeit" des
Schutzgebietes von der Größe Jamaikas betonte. Am späten Abend ging er auf
die Plaza Murillo vor dem Palast, wo der harte Kern der Marschierer
campiert. Die "indigenen Brüder und Schwestern" begrüßte er mit Handschlag
und Umarmungen, anschließend richtete er per Megafon eine kurze Ansprache
an sie.
## Keine Begeisterung bei Linera
##
"Die Regierung versteht euer Anliegen, deswegen habe ich dem Parlament
empfohlen, dass die Straße nicht durch den Tipnis führt", sagte er unter
Applaus. "Wir haben unseren Dialog spät angefangen, doch von meiner Seite
gibt es den besten Willen", versicherte er den misstrauischen Marschierern.
Die "extrem" gewaltsame Auflösung des Marsches durch die Polizei Ende
September habe er nicht angeordnet: "Ich war ja selbst als
Gewerkschaftsführer Opfer solcher Aggressionen und Folterungen." Die
Vorfälle würden nun genau untersucht und die Verantwortlichen vor Gericht
gestellt, versprach Morales.
Wenig begeistert zeigte sich Álvaro García Linera, der als Vizepräsident
zugleich die beiden Häuser des Parlaments leitet. Dort hat die "Bewegung
zum Sozialismus" eine Zweidrittelmehrheit. "Die Gesetzgebende Versammlung
hat zwei Möglichkeiten", sagte García Linera, bislang der eloquenteste
Befürworter des Straßenbaus: "Entweder sie nimmt die Anmerkungen an und
schickt sie sofort an den Präsidenten zurück - oder sie lehnt sie ab."
Ungehalten sind aber auch die Kokabauern im Chaparegebiet, die sich durch
die Straße Zugang zu neuen Anbaugebieten im Tipnis erhofft hatten.
Ausgerechnet Morales alte Verbündete, die Exsenatorin Leonilda Zurita, will
nun "bis zu den letzten Konsequenzen" für das Straßenbauprojekt kämpfen.
23 Oct 2011
## AUTOREN
Gerhard Dilger
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