| # taz.de -- Streit in der Koalition: Steuercrash in Schwarz und Gelb | |
| > Der Koalitionsgipfel endet ohne Einigung für ein Steuerkonzept in einem | |
| > absurden Hickhack. Nun bekriegen sich CDU, CSU und FDP umso heftiger. | |
| Bild: Vorfristiger Händedruck: Die Koalitionsparteien sind sich nicht so einig… | |
| BERLIN taz | Was die schwarz-gelbe Koalition am Wochenende vorführte, war | |
| schon kein Steuerstreit mehr - sondern Kasperletheater für | |
| Fortgeschrittene. In der Hauptrolle: CSU-Chef Horst Seehofer. Sein | |
| Aufbegehren gegen die Steuerpläne von Finanzminister Wolfgang Schäuble | |
| (CDU) und FDP-Chef Philipp Rösler gab den Startschuss für ein absurdes | |
| Hickhack. | |
| Alles begann schon am Donnerstag. Da hatten Schäuble und Rösler Pläne | |
| vorstellt, die sogenannte kalte Progression abzuschaffen. Das Phänomen, bei | |
| dem Steuerzahler durch Lohnerhöhungen in einen höheren Einkommensteuertarif | |
| rutschen, real aber wegen der Inflation nicht mehr verdienen, ist der | |
| Koalition schon lange ein Ärgernis. | |
| Im Sommer hatten die drei ParteichefInnen persönlich verabredet, etwas | |
| dagegen zu tun. Dessen ungeachtet polterte Seehofer in München: "So geht es | |
| nicht, dass man Fakten in der Öffentlichkeit schafft, die wir dann abnicken | |
| sollen." Am selben Abend bleibt er einem unionsinternen Treffen mit Merkel | |
| fern. | |
| Entsprechend angespannt war die Stimmung vor dem Koalitionsgipfel am | |
| Freitag im Kanzleramt. Er endete nach knapp fünf Stunden ohne Ergebnisse. | |
| Eine Steuereinigung? Verschoben auf den 6. November. Stattdessen zickten | |
| sich die Beteiligten fleißig an: Aus der CSU war am Samstag zu hören, | |
| Seehofer habe bei dem Treff seinem Ärger über die "Kommunikationspanne" | |
| Luft gemacht. | |
| FDP-Chef Rösler fand es angebracht, der Kanzlerin die Schuld an der | |
| Verstimmung zuzuschieben. "Sie hat die Missverständnisse in der Abstimmung | |
| mit Horst Seehofer auf ihre Kappe genommen", plauderte er laut Bild am | |
| Sonntag aus. | |
| Die CDU-Teilnehmer hatten das Gespräch ganz anders in Erinnerung, prompt | |
| retournierten Regierungskreise: "Es gab keine Panne, und es gab keine | |
| Entschuldigung." Spätestens jetzt konnte man mit Fug und Recht bezweifeln, | |
| ob die Koalitionspartner auf derselben Veranstaltung waren. | |
| ## Die Vorstellungen liegen weit auseinander | |
| Zumal auch die Erinnerungen an inhaltliche Verabredungen sehr | |
| unterschiedlich waren: In CSU-Kreisen hieß es, nach dem Eklat sei Schäubles | |
| und Röslers Modell vom Tisch - auch, weil es die SPD im Bundesrat | |
| blockieren könne. Merkel, die Samstag bei der Frauen-Union in Wiesbaden | |
| redete, schoss zurück: "Kein Modell ist vom Tisch." | |
| Dabei ist klar: Die Vorstellungen liegen weit auseinander. Teile der CDU | |
| würden Änderungen an der Einkommensteuer mit einer Anhebung des | |
| Spitzensteuersatzes kombinieren - was Spitzenverdiener höher belasten und | |
| der SPD entgegenkommen würde. Die FDP hingegen will den Solidarzuschlag | |
| senken. Auch in CSU-Kreisen hieß es, dies sei die gebotene Alternative. | |
| Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) lehnte das am Sonntag ab. "Ein Plan | |
| B existiert im Moment nicht", sagte Schäubles Sprecher Martin Kotthaus der | |
| taz. Er warb für die Pläne, die kalte Progression zu bekämpfen. Diese werde | |
| von allen Parteien als ungerecht bewertet. "Das ist das Modell, für das wir | |
| stehen." | |
| 23 Oct 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Ulrich Schulte | |
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