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# taz.de -- Der Tag der Kanzlerin: Merkel konfus
> Horst Seehofer zerschießt das Steuerkonzept, Gaddafi ist tot, Europa-Rede
> abgesagt: Angela Merkels Tag war nicht schön. Dabei wollte sie doch nur
> eine Grundschule besuchen.
Bild: Hu? Es sollte eigentlich ein entspannter Tag werden für Angela Merkel.
BERLIN taz | Kapriolen ist die Kanzlerin von ihrer schwarz-gelben Koalition
inzwischen gewohnt. Aber was Angela Merkel (CDU) am Donnerstag erleben
musste, war dann doch besonders: Erst zerschießt CSU-Chef Horst Seehofer
eine Steuerreform, die die Minister Wolfgang Schäuble und Philipp Rösler
stolz in Berlin vorstellen. Und zwar in Echtzeit. Dann muss Merkel eine
Regierungserklärung zu Europa absagen, weil es noch keine Einigung beim
Rettungsschirm gibt. Und als ob das noch nicht reicht, mosert die
Opposition weiter herum, weil sie über den auch nochmal mitentscheiden
will.
Und die Kanzlerin? Die wollte eigentlich eine Grundschule im Berliner
Stadtteil Wedding besuchen. Ein paar Kinder hätscheln, ein paar Lehrer
anhören, dann noch schnell bei der Kultusministerkonferenz nebenan vorbei.
Eigentlich ein gemütlicher Kanzlerinnen-Tag.
Dass es anders kommen sollte, war spätestens am frühen Nachmittag klar.
Rösler und Schäuble nahmen um Punkt 12 Uhr aufgeräumt in der
Bundespressekonferenz Platz. Ihre Botschaft: So viele Jobs wie nie, so
wenig Arbeitslose wie vor 20 Jahre, Wirtschaft brummt, alles super. Ok, das
Wachstum fällt im nächsten Jahr um fast die Hälfte geringer aus als von der
Regierung gedacht, aber für eine Steuersenkung sind doch ein paar
Milliarden Euro da. Nämlich sechs bis sieben Milliarden, für ein Gesetz ab
2013.
Nach jahrelangem Kampf scheint Rösler am Ziel. Bis Seehofer die Ticker
gelesen hat. Punkt 12.50 Uhr kommt eine Eilmeldung aus München. Seehofer
dementiert. "Mit uns gibt es da keine Einigung." Man werde beim - für
Freitag geplanten - Koalitionstreffen in Berlin "über das gesamte
Finanztableau reden".
## Verdutzte Gesichter
Merkel musste wohl spätestens jetzt ein paar Telefonate führen. Jedenfalls
warteten die Kultusminister um 14.30 Uhr noch vergeblich auf das Gespräch
über die Integration ausländischer Schüler in Deutschland. Merkel musste
gerade anders integrieren. Um 15.15 Uhr taucht ihr Wagen nach
Agenturberichten vor dem Sitz der Kultusminister, rauscht aber vorbei.
Verdutzte Gesichter bei den Empfangsleuten. Da liefen längst Ticker, die
den Tod des libyschen Ex-Machthaber Muammar al-Gaddafi bestätigten.
Schließlich das Sahnehäubchen eines richtig runden Tages: Überraschend muss
Merkel ihre fest geplante Regierungserklärung zu Europa am Freitag absagen.
Sie beruft die Fraktionschefs der Oppositionsparteien ein, um zu erklären
warum: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy ist schuld. Der bewege sich im
Streit um den europäischen Rettungsschirm "keinen Millimeter", obwohl sie
alternative Vorschläge gemacht habe, meldet dpa.
Deutschland und Frankreich streiten seit Tagen über einen Hebel, mit dem
das Finanzvolumen des 440 Milliarden Euro schweren Schirms auf
Billionenbeträge aufgebläht werden kann - die Regierung wollte das aber nie
wirklich zugeben.
En passant ist das dann in all der Konfusion auch noch passiert. Ein
Sprecher der Unions-Fraktion sagte der Agentur dapd, der Grund fürs
Kassieren der Regierungserklärung sei, dass die Details zum Hebel noch
nicht vorlägen. Dabei sollte das mit dem Hebel doch noch geheim bleiben.
Aber es gibt eben so Tage.
20 Oct 2011
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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