# taz.de -- EU-Kommissar Oettingers Energiefahrplan: "Handlanger der Atomlobby" | |
> Wenn es nach EU-Kommissar Oettinger geht, wird die Atomkraft bis 2050 | |
> eine wichtige Rolle spielen. Doch die hohen Sicherheitskosten kann auch | |
> er nicht verleugnen. | |
Bild: Glaubt an Atomkraft bis 2050: EU-Energiekommissar Günther Oettinger. | |
FREIBURG taz | Günther Oettinger kann es einfach nicht lassen: Mit dem | |
Entwurf seines "Energie-Fahrplans 2050" präsentiert sich der ehemalige | |
baden-württembergische Ministerpräsident und heutige EU-Energiekommissar | |
erneut als vehementer Verfechter der Atomkraft. In dem Papier, das der taz | |
vorliegt, spricht er von der "Kernenergie als einem wichtigen Faktor" im | |
zukünftigen Energiemix. Zwar habe der Unfall von Fukushima, "die | |
öffentliche Wahrnehmung der nuklearen Energie in einigen Mitgliedstaaten | |
geändert", gleichwohl werde die Atomkraft in jenen Mitgliedstaaten, in | |
denen sie weiterhin erlaubt ist, gebraucht. | |
Oettinger behauptet in dem Entwurf der "Roadmap", der Atomstrom könne zu | |
"niedrigeren Systemkosten und Strompreisen beitragen". Im Rahmen einer groß | |
angelegten "Low-Carbon-Option" werde die Nuklearenergie daher im | |
europäischen Stromerzeugungsmix erhalten bleiben. Allerdings kann der | |
CDU-Politiker nicht verschweigen, dass die Kosten für die Sicherheit, für | |
die Stilllegung der bestehenden Anlagen und für die Beseitigung der | |
strahlenden Abfälle "wahrscheinlich ansteigen" werden. | |
## "Völlig fehl am Platz" | |
Die Sicherheit der Atomkraft werde "auch weiterhin Priorität für die EU" | |
haben, schreibt der Energiekommissar. Höchste Sicherheitsstandards seien | |
aber nur zu erreichen, wenn die entsprechende Kompetenz und | |
Technologieführerschaft in Europa erhalten bleibe. Zwar betrachteten | |
"wesentliche Teile der europäischen Öffentlichkeit die Risiken der | |
Kernenergie als nicht akzeptabel und die Frage der Entsorgung nuklearer | |
Abfälle als ungelöst", doch diesen Vorbehalten werde man mit "neuen | |
Kernkrafttechnologien" entgegentreten - was das Papier dann aber nicht | |
weiter präzisiert. | |
Vor allem stellt Oettinger die Atomkraft als Option zum Schutz des | |
Weltklimas dar. Sie liefere heute in der EU mehr kohlenstoffarme | |
Elektrizität als alle anderen Techniken. | |
Kritik an dem Papier kommt nun vor allem von den Grünen. "Oettinger macht | |
sich zum Handlanger der Atomlobby", sagt die atompolitische Sprecherin der | |
Grünen-Bundestagsfraktion, Sylvia Kotting-Uhl der taz. Vor ein paar Wochen | |
habe der Energiekommissar noch die Versorgungssicherheit infrage gestellt, | |
um den deutschen Atomausstieg madig zu machen. | |
Nun müsse die angebliche Sorge um den Klimawandel als Argument für die | |
Atomkraft herhalten - was auch nicht neu sei: Bereits in den | |
Achtzigerjahren habe das Atomforum, die zentrale Lobbyvereinigung der | |
Branche, die nukleare Klimarettung propagiert. Ein Energiekommissar, der er | |
auch nach Fukushima die Risiken der Atomkraft nicht begreifen wolle und | |
nicht verstehe, dass die Atomkraft die Umstellung auf erneuerbare Energien | |
blockiert, sagt Kotting-Uhl, sei "völlig fehl am Platz". | |
24 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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