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# taz.de -- Kommentar Wahl in Tunesien: Die Moschee im Dorf lassen
> Die Islamisten von der Ennahda-Partei sind keine Taliban, sondern eine
> relativ moderate islamistische Bewegung. Die Unkenrufe aus dem Westen
> sind zynisch.
Nein, in Tunesien werden nächste Woche keine Diebeshände abgehackt. Nein,
in Tunesien haben die Islamisten nicht die Macht ergriffen. Sie wurden
demokratisch gewählt, sie sind die größte, aber auch nicht die einzige
Partei, die nun in der verfassunggebenden Versammlung am neuen Grundgesetz
des Landes arbeiten wird.
Also erst einmal die Moschee im Dorf lassen. Wenn die erste tunesische Wahl
irgendetwas gezeigt hat, dann, dass beide, die Islamisten in Form einer
Partei und die Liberalen in Form von mehreren Parteien, zwei wichtige
Strömungen in diesem Land darstellen, die sich gegenseitig nicht ignorieren
können.
Vorgezeichnet ist damit ein ausgiebiger Streit über die Rolle von Religion
und Staat bei der Erarbeitung der Verfassung. Es könnten Zeiten voller
Tumult werden.
Aber es ist das erste Mal, dass sich beide gesellschaftlich relevante
Seiten in einer Demokratie offen mit dieser Frage auseinandersetzen müssen
- ohne einen Diktator, der die Richtung vorgibt. Insofern ist dieser
Prozess ein jedenfalls notwendiger und wahrscheinlich gesunder Teil der
Demokratisierung einer arabischen Welt, in der nicht George W. Bush à la
Irak vorgibt, wie sie am Ende auszusehen hat.
Die Islamisten von der Ennahda-Partei sind keine Taliban, sondern eine
relativ moderate islamistische Bewegung, die auch nach den Wahlen keine
polarisierenden Töne angeschlagen hat. Ihr Spielraum ist ohnehin begrenzt.
Die tunesischen Frauen sind selbstbewusst und präsent genug, sich ihre
Rechte nicht einfach wieder wegnehmen zu lassen. Ausländische Investitionen
und der Fremdenverkehr, von dem so viele Arbeitsplätze im Land abhängen,
geben den Islamisten, selbst wenn sie wollten, nicht die Möglichkeit, ein
weiteres Saudi-Arabien zu schaffen.
Besonders zynisch sind die jetzigen Unkenrufe aus dem Westen über den
Verlauf des Arabischen Frühlings, nach dem Motto: Wir haben es immer
gewusst, dass die arabischen Demokratien in Gottesstaaten enden, während
man über die alte arabische Welt - etwa über Saudi-Arabien - kein Wort
verliert. Weiter nach dem Motto: Wer Öl hat und Stabilität garantiert, bei
dem stellen wir keine Fragen.
25 Oct 2011
## AUTOREN
Karim Gawhary
Karim El-Gawhary
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