# taz.de -- Kreditwürdigkeit von Ökobilanz abhängig: Deutschlands Toprating … | |
> Ratingagenturen sollen künftig auch "Ökoschulden" errechnen. Die UN | |
> warnt, eine schlechte Ökobilanz gefährde langfristig die Kreditwürdigkeit | |
> eines Landes. | |
Bild: Da kann ja nur eine miese Oköbilanz herauskommen. | |
BERLIN taz | Der 6. August 2011 war die Finanzwelt erschüttert: Zum ersten | |
Mal in der Geschichte stufte mit "Standard & Poor's" eine Ratingagentur die | |
Kreditwürdigkeit der USA von der höchsten Stufe AAA auf AA+ herab. Der | |
Grund: Das US-Haushaltsdefizit und die politische Blockade im Kongress. | |
Eine solche Abwertung könnte den USA und anderen Staaten in Zukunft | |
häufiger blühen, wenn sich eine Idee des "Global Footprint Network" (GFN) | |
und des UN-Umweltprogramms Unep durchsetzt. Zusammen mit Investoren und | |
Rating-Agenturen wollen sie untersuchen, wie sich Umweltzerstörung und | |
Raubbau an Ressourcen auf die Kreditwürdigkeit eines Landes auswirken. | |
Das zweijährige Projekt "Integration von ökologischen Risiken auf | |
Länderratings und Investments" geht laut Eigenbeschreibung davon aus, dass | |
"die Nutzung von Dienstleistungen der Ökosysteme eines Landes zunehmend | |
eine Rolle spielt bei der Gesundheit der Gesellschaft, der Lebensqualität | |
und der Fähigkeit, zukünftig seinen Kreditverpflichtungen nachzukommen." | |
Kritik gibt es an den aktuellen Rechenmodellen: "Die Länder denken bisher, | |
dass soziale und ökonomische Variablen alles sind, was sie für eine | |
Beurteilung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftlichen Stärke | |
brauchen", heißt es. "Das ist nicht mehr der Fall." Der Umgang mit | |
Fischvorkommen, Wäldern oder der Landwirtschaft könne einen Einfluss auf | |
wirtschaftliche Schlüsselfaktoren wie Bruttosozialprodukt, Arbeitslosigkeit | |
und Kreditwürdigkeit haben. | |
## Naturkapital in Rechung gestellt | |
In der Initiative, die Mitte Oktober bei einem Treffen in Washington | |
gestartet wurde, sollen Unep, GFN, Vermögensverwalter, Ratingagenturen und | |
Investmentsmanager zwei Ergebnisse liefern: Wie genau sehen die | |
Verbindungen zwischen Öko-Gefahren und Kreditrisiken aus? Und nach welchen | |
Kriterien können sie in die Bewertung der Länder einfließen? | |
Für Mathis Wackernagel, den Präsident des GFN ist klar: "Wenn global die | |
Rohstoffe knapper werden, können sich Länder, die in großem Maße auf | |
Rohstoffimporte angewiesen sind, vor Engpässen bei ihrer Versorgung sehen" | |
Das habe auch wirtschaftliche Folgen, Länder mit wertvollem Naturkapital | |
seien dann im Vorteil. | |
Nimmt man den Index des GFN als Maßstab, müssen vor allem die | |
Industrieländer um ihre Ratings zittern. Denn laut neuestem Index von 2011 | |
lebt zum Beispiel Deutschland weit über seine Verhältnisse. | |
Einer "Biokapazität" von etwa zwei Hektar pro Kopf steht ein Verbrauch von | |
fünf Hektar gegenüber: Jeder Deutsche nutzt also pro Jahr drei Hektar an | |
ökologischen Dienstleistungen wie Boden, Wasser oder CO2-Speicher mehr, als | |
Deutschland bereitstellt. Deutschland ist bei der Natur fast ebenso | |
verschuldet wie die Griechen, China ist nur einen Hektar in den Miesen, die | |
USA liegen mit vier Hektar pro Kopf in den roten Zahlen. | |
Dass ökologische Performance einen Einfluss auf die ökonomische Bilanz hat, | |
zeigt bereits seit 2000 das "Carbon Disclosure Project" (CDP). Dabei werden | |
weltweit die Treibhausgasbilanzen globaler Unternehmen veröffentlicht, um | |
Investoren Hinweise auf mögliche Klimarisiken zu geben. | |
Das CDP wird inzwischen von über 500 institutionellen Anlegern genutzt, die | |
weit über 60 Billionen Dollar Vermögen verwalten und einen Großteil der | |
multinationalen Konzerne kontrollieren. | |
26 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
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