# taz.de -- "Occupy" in Frankfurt/Main: Kapitalismuskritik im Abendprogramm | |
> Die Bankendemos werden kleiner. Das Protestcamp in Frankfurt wächst. | |
> Zeltaktivist Costantino Gianfrancesco über die Perspektiven der Bewegung. | |
Bild: Occupy-Aktivisten in Frankfort am Main. | |
Die Bankenproteste gehen in die dritte Woche. Die Demonstrationen werden | |
kleiner. In Frankfurt demonstrierten am Samstag knapp 3000, in Berlin rund | |
1000 Menschen. Ist die Operation Occupy Deutschland gescheitert? | |
Costantino Gianfrancesco: Nein. Occupy will in erster Linie einen | |
systemkritischen Diskurs initiieren und aufrecht erhalten, der bisher in | |
unserer Gesellschaft nicht ausreichend stattgefunden hat. Das haben wir | |
erreicht. Wir sind in den Medien. Bei Maybritt Illner und Anne Will. Wir | |
üben Kapitalismuskritik im Abendprogramm. Wir sagen öffentlich Dinge, für | |
die man uns vor fünf Jahren noch als Kommunisten beschimpft hätte. | |
Das genügt euch? | |
Konkrete Forderungen arbeiten wir jetzt aus. Aber das dauert. Die Frage | |
ist: Wie viel wollen wir im Moment überhaupt an Forderungen nach außen | |
geben? Es ist die Methode der Mainstream-Presse, dass sie gleich nach einem | |
Anführer und nach Konzepten fragt. Wir widerstehen diesem Druck. Im Camp | |
bildet sich gerade eine Diskussionskultur, die ich in vierzehn Jahren, die | |
ich politisch aktiv bin, noch nicht erlebt habe. Wir brauchen Geduld. | |
Manche Kritiker werfen euch Unwissenheit vor. Versteht ihr die | |
Finanzmärkte, gegen die ihr protestiert? | |
Wir müssen nicht das ganze System verstanden haben, um aktiv zu werden. | |
Wenn eine Bombe vor mir explodiert, dann ist mir egal wie sie gebaut ist. | |
Oder nehmen wir das Beispiel Kernenergie: Ich bin gegen Atomkraftwerke, | |
obwohl ich nicht im Detail weiß, wie sie funktionieren. Weil ich weiß, dass | |
sie gefährlich sind. Gefährlich und kompliziert. So ist es auch mit den | |
Finanzmärkten. | |
Die Proteste sind mehr als ein Ausdruck von Unbehagen? | |
Der Begriff "Unbehagen" wird der Dramatik und Intensität der Probleme, mit | |
denen wir uns konfrontiert sehen, nicht gerecht. Wir sehen ganz klar, dass | |
es nicht weitergeht wie bisher. Das ist mehr als Unbehagen. Wir wollen | |
etwas ändern. | |
Das Frankfurter Protestcamp hatte zeitweise mit dem Problem der | |
Unterwanderung zu kämpfen. Zuletzt machten sich Anhänger der | |
Zeitgeist-Bewegung breit, einer sektenartigen Vereinigung aus den USA. Wie | |
gefährdet ist die Zeltstadt? | |
Vielen ist schon nach drei Tagen aufgefallen, dass einige im Camp zwar | |
gegen Organisationen, Fahnen und Parteien wetterten, gleichzeitig aber für | |
die Zeitgeist-Bewegung warben. Zeitgeist hat im Camp konspirativ | |
gearbeitet. In basisdemokratischen Strukturen ist es problematisch, wenn | |
sich eine kleine Gruppe abspricht und im Plenum eine Meinung geschlossen | |
vertritt und wiederholt. Das ist passiert. | |
Außerdem haben einige Zeitgeist-Anhänger versucht zu missionieren. Sie | |
organisierten einen Workshop zum Thema "Arbeiterbewegung" und erzählten | |
dann vom "Venus-Projekt" und warum es wichtig ist, für Zeitgeist zu | |
spenden. | |
Was macht ihr dagegen? | |
Wir haben das Problem der Sektiererei recht schnell erkannt und im Plenum | |
thematisiert. Wir haben das im Griff. Seit dieser Woche veröffentlichen wir | |
Podcasts im Internet, in denen wir die Gruppen hinterfragen, die bei Occupy | |
teilnehmen. In der ersten Folge haben wir uns mit Zeitgeist befasst. | |
30 Oct 2011 | |
## AUTOREN | |
Felix Dachsel | |
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