# taz.de -- Campact-Mitbegründer über "Occupy": "Jetzt müssen wir zuspitzen" | |
> Campact, Attac und DGB wollen das Frankfurter Banken- und das Berliner | |
> Regierungsviertel umzingeln. Ob Occupy damit vereinnahmt wird, weiß | |
> Campact-Mitbegründer C.Bautz. | |
Bild: Christoph Bautz bei einer Aktion von Campact in Baden-Württemberg. | |
taz: Herr Bautz, warum steigt Campact erst jetzt in die Occupy-Proteste | |
ein? | |
Christoph Bautz: Wir haben in den letzten Wochen eine enorme Dynamik | |
erlebt. Die Occupy-Proteste sind aus den USA nach Europa geschwappt, haben | |
viel Aufmerksamkeit bekommen und auch hier für eine breite | |
gesellschaftliche Debatte darüber gesorgt, wie unser Finanzsystem aussieht. | |
Jetzt brauchen wir einen zweiten Schritt. Wir müssen zuspitzen und klar | |
formulieren, was unsere Forderungen sind. Neben der Occupy-Bewegung muss es | |
jetzt eine zweite Säule geben, die von wichtigen gesellschaftlichen | |
Akteuren getragen wird und konkrete Maßnahmen von der Regierung fordert. | |
Viele Occupy-Demonstranten haben sich aber gegen feste Strukturen | |
ausgesprochen. Könnte der Einstieg von Organisationen wie Campact und Attac | |
nicht für heftige Konflikte sorgen? | |
Es waren von uns immer wieder Leute bei den Asambleas dabei und haben diese | |
Frage diskutiert. Ich glaube, es gäbe Konflikte, wenn wir wirklich in die | |
Occupy-Bewegung einsteigen würden. Wir haben aber immer gesagt: Die | |
Occupy-Bewegung und unser Engagement sind zwei Säulen, die | |
nebeneinanderstehen und sich solidarisch zueinander verhalten. | |
Die Occupy-Proteste sollen nicht von uns okkupiert werden. Sie sind wichtig | |
und sollen in diesem Stil weiterlaufen. Aber um zu politischer Veränderung | |
zu kommen, müssen wir mehr werden. Wir wollen ein breites | |
gesellschaftliches Bündnis entstehen lassen, das den wichtigen Impuls der | |
Occupy-Proteste aufnimmt und ihn zuspitzt. Das sollen auch unsere | |
Umzingelungsaktionen in Berlin und Frankfurt am kommenden Samstag leisten. | |
Campact konnte bei der Finanzkrise bislang keine breite Debatte anstoßen. | |
Warum war dafür eine neue Bewegung wie Occupy nötig? | |
Ich denke schon, dass es auch vor Occupy schon viele Aktivitäten gab. Attac | |
zum Beispiel tritt seit zehn Jahren für die Transaktionssteuer ein. Das ist | |
eben häufig auch ein Effekt der medialen Wahrnehmung. In den USA wurden die | |
Proteste anfangs totgeschwiegen, dann gab es die großen Proteste an der | |
Brooklyn Bridge, und plötzlich wurde stark über Occupy berichtet. Das hat | |
sich dann befruchtet mit dem Aktionstag am 15. Oktober, der aus den | |
spanischen Protesten entstanden ist. Dadurch entstand eine Dynamik. | |
Plötzlich gingen viele Menschen protestieren, und wir hatten 40.000 | |
Menschen auf der Straße. | |
Wenn Protest auch ohne etablierte Aktivisten erfolgreich wird, ist die | |
Arbeitsweise von Campact und Attac dann nicht überholt? | |
Wenn es eine starke gesellschaftliche Dynamik gibt, dann können auch | |
Aktionen groß werden, die etwa auf Facebook beworben werden. Auf der | |
anderen Seite hat die Antiatombewegung im Frühjahr gezeigt, dass einzelne | |
Akteure wichtig sind, die handlungsfähig und in der Lage sind, innerhalb | |
weniger Tage eine Großdemo zu organisieren. Ich glaube, beides ist nötig: | |
Ein Basisprotest auf der einen Seite, der sich selbst organisiert, und auf | |
der anderen Seite Organisationen mit großer Reichweite. Campact zum | |
Beispiel kann 500.000 Menschen ansprechen und so sehr schnell Proteste | |
lostreten. | |
Wie wird es Ihrer Einschätzung nach mit der Occupy-Bewegung in Deutschland | |
weitergehen? | |
Die bisherige Dynamik der Proteste und die gesellschaftliche Diskussion | |
darüber waren enorm wichtig. Jetzt muss die Bewegung aber weiter | |
dranbleiben. Beide Säulen, also Occupy und die von gesellschaftlichen | |
Akteuren getragene Bewegung, müssen weiter Druck ausüben und die Regierung | |
dazu zwingen, endlich zu handeln. | |
Die Zeit der Absichtserklärungen ist vorbei. Die Politiker dürfen sich | |
nicht hinter dem Argument verstecken, dass vieles auf internationaler Ebene | |
nicht durchzusetzen sei. Vieles ist auch auf Ebene der EU oder der Eurozone | |
möglich. Ich denke etwa an die Finanztransaktionssteuer oder das Verbot | |
undurchsichtiger Finanzprodukte. | |
10 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Jakob Schulz | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
Schwerpunkt Occupy-Bewegung | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Occupy-Bewegung in New York: Zurück zum Zuccotti | |
Nach der Räumung sind Hunderte Anti-Wall-Street-Protestler wieder im New | |
Yorker Zuccotti Park. Allerdings ohne Zelte. Campen hat ein New Yorker | |
Gericht in dem Park verboten. | |
Occupy-Proteste: Menschenketten gegen Banken | |
In Frankfurt und Berlin demonstrierten 18.000 Menschen gegen die Vormacht | |
der Finanzmärkte. Sie forderten Steuern auf Finanztransaktionen und | |
Vermögen. | |
Kulturjournalist über Occupy Wall Street: "Wir mobilisieren Zaungäste" | |
Mark Greif vom amerikanischen Kulturmagazin "n+1" über Demokratie, | |
Reality-TV, die Utopie im Zuccotti-Park und saubere Unterwäsche. | |
Referenden in Mississippi und Ohio: Für Streikrecht und Selbstbestimmung | |
Zwei konservative Gesetzesinitiativen gegen Gewerkschaften und Abtreibungen | |
werden abgelehnt. Die politische Stimmung in den USA scheint sich zu | |
drehen. | |
Occupy-Bewegung in Berlin: Strandbar besetzt | |
Die Occupy-Bewegung hat ihr lang ersehntes Camp bekommen: 50 Aktivisten | |
besetzten am Mittwochmorgen den "Bundespressestrand" in Sichtweite des | |
Reichstags. | |
Kommentar Öko-Proteste in den USA: Die US-Ökobewegung ist zurück | |
Mit den Protesten gegen die Keystone-XL-Pipeline betritt ein neuer Akteur | |
die politische Bühne der USA. Wenn er seine Wähler halten will, muss Obama | |
aktiv werden. | |
Occupy-Bewegung: Mikrokosmos mit Gasherd | |
Neben der Parochialkirche in der Klosterstraße haben AktivistInnen der | |
Occupy-Bewegung eine kleine Zeltstadt errichtet, wo sie Debattieren und | |
Leben verbinden wollen. Ihre Ziele müssen sie noch definieren. Trotz | |
Lagerfeuerromantik sind viele mit dem Ort unzufrieden. | |
"Occupy" in Frankfurt/Main: Kapitalismuskritik im Abendprogramm | |
Die Bankendemos werden kleiner. Das Protestcamp in Frankfurt wächst. | |
Zeltaktivist Costantino Gianfrancesco über die Perspektiven der Bewegung. | |
Bilanz des Occupy-Protesttages: Wo sind die 99 Prozent? | |
Erneut demonstrieren Tausende auf Deutschlands Straßen und Plätzen gegen | |
die Macht der Banken. Sie diskutieren und schmieden Pläne. Doch der | |
erhoffte Zulauf bleibt aus. |