# taz.de -- Occupy-Bewegung in Berlin: Strandbar besetzt | |
> Die Occupy-Bewegung hat ihr lang ersehntes Camp bekommen: 50 Aktivisten | |
> besetzten am Mittwochmorgen den "Bundespressestrand" in Sichtweite des | |
> Reichstags. | |
Bild: Occupy-Aktivisten am Mittwochmorgen auf dem einstigen Bundespressestrand. | |
"Berlinsightsee". Das war auf der Mikroblogging-Plattform Twitter der | |
Tarnname für den "Stadtrundgang" der Berliner Occupy-Bewegung am | |
Mittwochmorgen. Dieser hatte nur ein Ziel: Den sogenannten | |
Bundespressestrand am Spreeufer - einst eine schicke Beachbar - zu besetzen | |
und damit das lang ersehnte Camp im Stadtzentrum und in unmittelbarer Nähe | |
zum Reichstagsgebäude aufzubauen. Durch die Pächterin des Geländes wird das | |
Camp wohl bis Ende November geduldet. | |
Das Lager besteht vorerst aus 15 Zelten, einigen Strandmuscheln und bunten | |
Protesttransparenten. Zu allererst einigen sich die Besetzer per Mic-Check, | |
dem so genannten menschlichen Mikrofon, bei dem die Gruppe die Worte eines | |
Redners laut nachspricht, auf ihre Regeln. Erstens: "Wir sind friedlich | |
hier, wollen keine Gewalt." Zweitens: "Wir haben noch keine konkreten | |
Forderungen." Drittens: "An diesen wollen wir ab sofort arbeiten." Das | |
beschließt die Runde Stück für Stück, bei jedem Konsens gehen sie einen | |
Schritt auseinander, bis ein Versammlungs-Kreis von knapp 25-Metern | |
Durchmesser entsteht, den die Teilnehmer als "Asamblea-Kreis" markieren. | |
Aus diesem heraus kommunizieren sie auch mit zwei Polizisten einer | |
Funkstreife, die gegen 11 Uhr eintrifft. | |
"Man hat uns wochenlang hingehalten, jetzt konnten wir nicht mehr warten", | |
erklärt Saskia Koch, Gründerin der Arbeitsgruppe Camp, die Besetzung. Mit | |
ihr greifen die Aktivisten auch einer eigenen Ankündigung vorweg, am 11. | |
November im Rahmen des "Karnevals der Empörten" einen öffentlichen Platz zu | |
besetzen, wenn sie bis dahin vom Land Berlin keinen Ort angeboten bekommen. | |
Am 7. November hatten sie in einem Offenen Brief an den Regierenden | |
Bürgermeister Klaus Wowereit und den scheidenden Innensenator Ehrhart | |
Körting (beide SPD) einen Lagerplatz gefordert. Weil darauf keine Antwort | |
kam, starteten einige Aktivisten den Versuch, über die sozialen Netzwerke | |
zur Besetzung zu mobilisieren. | |
"Wir wussten selbst nicht, ob es klappt. Durch die dezentrale Planung ist | |
das alles immer ein kleines Abenteuer", sagt Saskia Koch. Das Gelände habe | |
man schon vor längerer Zeit ausgeguckt und beobachtet. Nach Kochs Angaben | |
kamen am Mittwoch auf den Aufruf hin gegen 8.30 Uhr knapp 50 Menschen zum | |
Hauptbahnhof und zogen über die Washingtonstraße zum Bundespressestrand. | |
Das Gelände der ehemaligen Strandbar in Nähe des Bundestages und des | |
Kanzleramts ist in vielerlei Hinsicht interessant. Die Sandfläche bietet | |
mit Toiletten, Wasser-, Strom- und Internetanschluss dieselbe | |
Infrastruktur, wie das bisherige provisorische Camp auf einem | |
Kirchengelände in der Klosterstraße. Mit 800 Quadratmetern ist sie | |
allerdings fast doppelt so groß. "Wir haben jetzt Raum für | |
Arbeitsgruppenzelte, wir werden endlich im Camp arbeiten können, was uns | |
inhaltlich voran bringen wird", hofft Besetzer Michael. Er habe in den | |
letzten Tagen vier Referenten für Vorträge angefragt. Diese sollten | |
qualitativen Input geben zu den allgemeinen Themen der weltweiten | |
Occupy-Bewegung: Regulierung der Finanzmärkte und mehr Mitsprache in | |
Arbeitswelt und Politik. | |
Die bisherige Pächterin des Geländes hat kein Problem mit den Aktivisten: | |
"Ich sehe Occupy als eine wichtige demokratische Bewegung an, sie hat meine | |
Unterstützung", sagte Johanna Ismayr zur taz. Von der Besetzung erfuhr die | |
Gastronomin zwar erst postwendend durch einen Brief der Aktivisten, doch | |
sie möchte die Bewegung dulden, solange sie friedlich bleibt. Ihr | |
Pachtvertrag mit dem Eigentümer des Geländes, der Bundesimmobilienanstalt, | |
läuft am 30. November ohnehin aus. Der Betrieb der Strandbar ist bereits | |
eingestellt, das Inventar soll laut Ismayr bis Ende des Monats versteigert | |
werden. | |
9 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Karen Grass | |
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