# taz.de -- Chinas Zivilgesellschaft rührt sich: Unerwartete Spenden für Ai W… | |
> Eine spontane Spendenbewegung zeigt Solidarität mit dem bedrängten | |
> Künstler Ai Weiwei. Der soll wegen angeblicher Steuerhinterziehung viel | |
> Geld zahlen. | |
Bild: Ai Weiwei im November 2010 in Peking. | |
PEKING taz | Die Affäre um den regimekritischen Künstler Ai Weiwei wird zum | |
Happening. Bis Montagmittag hatten schon 18.829 Chinesen insgesamt | |
5.290.234 Yuan (mehr als 600.000 Euro) an den Konzeptkünstler überwiesen. | |
Einige pilgerten gar zu Ais Haus in Pekings Vorort Caochangdi und warfen | |
Geld über die Mauer seines Hauses, ohne sich um die Überwachungskamera der | |
Polizei zu kümmern, die auf das Grundstück mit der Aufschrift "Fake" | |
gerichtet ist. "Das hat vor vier Tagen angefangen", sagte Ai der taz zur | |
Spendenbewegung: "Ich bin wirklich sehr gerührt." | |
Am 1. November hatten Pekings Steuerbehörden dem 54-Jährigen einen | |
Zahlungsbescheid über 15 Millionen Yuan (über 1,7 Millionen Euro) | |
zugestellt - für einen angeblichen Steuerbetrug der Künstleragentur "Fake". | |
Deren Chefin ist Ais Ehefrau Lu Qing. | |
Der Künstler, seine Frau und der Anwalt wiesen die Vorwürfe zurück und | |
forderten die Behörden auf, Beweise vorzulegen. Laut Ai hätten die Behörden | |
ihm mit sieben Jahren Gefängnis gedroht, falls er nicht bis Mitte November | |
zahlt. | |
Freunde und Verwandte boten an, ihm das nötige Geld zu geben. Seine Mutter | |
wollte ihr Haus verpfänden, um ihn vor erneuter Haft zu schützen. Ai war | |
bereits im April von der Polizei für 81 Tage an einem unbekannten Ort | |
festgehalten worden. Seine Verhörer hielten ihm vor, dass sich in China | |
niemand für sein Schicksal interessiere. | |
## Ai erklärt Spenden zu Krediten | |
Doch vergangene Woche meldeten sich immer mehr Landsleute - und schon | |
landeten die ersten Überweisungen bei Ai. Um zu vermeiden, dass er der | |
"illegalen Spendensammlung" beschuldig wird, erklärte Ai, die eingehenden | |
Gelder seien "Kredite", die er zurückzahlen werde. Seither unterzeichnet er | |
Schuldscheine. | |
Seine Mitarbeiter twittern, wie viel Geld wie von wie vielen Personen zu Ai | |
gelangte: per Kreditkarte, Internetbanking, Überweisung, Post oder in bar. | |
Twitter ist in China zwar blockiert, doch kursieren die Informationen | |
blitzschnell auch in chinesischen Mikroblogs. | |
"Alle möglichen Leute überweisen oder bringen uns ihr Geld: Gerade war eine | |
junge Familie mit einem sieben Monate alten Baby da", berichtete Ai, " | |
jemand anders schrieb, er widme mir sein erstes Gehalt. Manche senden auch | |
Botschaften wie ,Wir stehen zu dir' oder ,Du wirst verfolgt'." | |
Um die Zensurfilter im Internet auszutricksen, schicken sich seine | |
Sympathisanten Karikaturen oder falsch geschriebene Schriftzeichen und | |
Zahlenkombinationen, die wie Wortspiele funktionieren. Dazu gehört die | |
Zeichnung einer angebissenen Birne, die auf dem Kopf des Künstlers sitzt. | |
"Birne" wird im Chinesischen ausgesprochen wie "Druck" oder | |
"Unterdrückung". | |
Dazu finden sich Kommentare wie: "Lasst uns von der leckeren Birne kosten" | |
- Kode für: "Wir wollen dir helfen, die Last zu verringern, die auf dir | |
ruht." Er sei "sehr, sehr dankbar", erklärte Ai. "Das alles kommt wie Manna | |
vom Himmel - ich erfahre Liebe und Verständnis. Es gibt in China doch wohl | |
viele Leute, die verstanden haben, was hier vor sich geht." | |
7 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Jutta Lietsch | |
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