# taz.de -- Aufstand in Syrien: Deserteure bekämpfen Assads Truppen | |
> Der Aufstand spaltet zunehmend das Militär. An einem Tag gab es mehr als | |
> 70 Tote - viele davon waren Soldaten. In Damaskus griffen Assad-Getreue | |
> die jordanische Botschaft an. | |
Bild: Syriens Präsident Baschar Assad ist zunehmend isoliert. | |
BEIRUT dapd | In Syrien hat der Aufstand gegen das Regime von Präsident | |
Baschar Assad einen neuen, blutigen Höhepunkt erreicht. Wie Oppositionelle | |
am Dienstag mitteilten, wurden allein am Montag mehr als 70 Menschen | |
getötet. Viele von ihnen seien Soldaten gewesen, die von Deserteuren | |
angegriffen wurden. | |
Aktivisten versicherten, die Proteste gegen die Regierung verliefen | |
weitgehend friedlich. Daneben hat sich jedoch in den vergangenen Monaten | |
ein bewaffneter Aufstand entwickelt, der vor allem Assads Militär und | |
Sicherheitskräfte zum Ziel hat. | |
Ein Bewohner der Region Daraa, einer der Hochburgen des Aufstands, | |
berichtete am Dienstag, er habe ein mehr als vierstündiges intensives | |
Feuergefecht gehört. Ein Aktivist aus der Gegend sagte, er habe zwölf | |
Leichen gezählt. Wahrscheinlich seien es Zivilisten gewesen, die von | |
Sicherheitskräften getötet worden seien. "Ich sah zwei gepanzerte | |
Truppentransporter, die vollkommen ausgebrannt waren", teilte er der | |
Nachrichtenagentur AP telefonisch mit. | |
Die örtlichen Koordinationskomitees der Opposition identifizierten 50 | |
Personen, die am Montag getötet worden seien. Die in Großbritannien | |
ansässige syrische Beobachtergruppe für Menschenrechte berichtete über 69 | |
Tote. Davon seien 34 Soldaten gewesen. Allein in der Stadt Homs wurden in | |
der Leichenhalle 19 Tote gezählt, alle wiesen Schusswunden auf. | |
Unterschiedliche Angaben über Opfer sind nicht ungewöhnlich, da die | |
Regierung Syriens jegliche unabhängige Beobachtung verhindert und die | |
meisten ausländischen Journalisten ausgesperrt hat. Deshalb sind Berichte | |
von Aktivisten und Augenzeugen die wichtigsten Quellen. | |
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sind beim Vorgehen des Regimes | |
gegen seine Gegner bisher 3.500 Personen getötet worden. Der November war | |
mit 250 Toten bisher der blutigste Monat, teilten Aktivisten mit. | |
## Assad ist isoliert | |
Die Unruhen in Syrien haben zugenommen, seit Assad unter zunehmendem | |
internationalen Druck nicht nur aus dem Westen sondern auch von arabischen | |
Nachbarn gerät. Assad ist mehr denn je in der dreißigjährigen Herrschaft | |
seiner Familie isoliert. Am Montag forderte König Abdullah II. von | |
Jordanien Assad auf, zum Wohle seines Landes zurückzutreten. Es war der | |
erste arabische Führer, der dies öffentlich verlangte. Am Samstag hatte die | |
Arabische Liga Syriens Mitgliedschaft ausgesetzt. | |
Nach dem der Appell des Königs bekannt geworden war, wurde die jordanische | |
Botschaft in Syriens Hauptstadt Damaskus angegriffen. Der Sprecher des | |
Außenministeriums in Amman, Mohammad Kayed, teilte mit, etwa 100 | |
Demonstranten hätten sich vor der Botschaft versammelt. Drei seien über den | |
Zaun geklettert und hätten Jordaniens Flagge heruntergerissen. Ins Gebäude | |
selbst sei niemand eingedrungen. | |
Syrien hatte am Montag die Entscheidung der Arabischen Liga als "beschämend | |
und böswillig" bezeichnet und ihr vorgeworfen, sich mit dem Westen zu | |
verschwören, um seine Regierung zu schwächen. Damaskus fürchtet, dass die | |
USA die Haltung der Liga nutzen würden, um bei den UN schärfere Sanktionen | |
gegen Syrien durchzusetzen. | |
Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte am Dienstag, mit | |
dem brutalen Vorgehen gegen seine Kritiker drohe Assad auf eine Liste | |
führender Politiker zu gelangen, die sich "von Blut ernähren". Er forderte | |
Assad auf, die Verantwortlichen für die Angriffe auf diplomatische | |
Missionen der Türkei in Syrien vom Samstag zu belangen. | |
15 Nov 2011 | |
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