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# taz.de -- Finanzierung der Pflegereform: Die Zeche zahlen die Nachfolger
> Die Pflegereform verspricht Verbesserungen für Pflegebedürftige, ist aber
> unterfinanziert. Doch die Kosten wird wahrscheinlich die nächste
> Bundesregierung tragen.
Bild: Dei Reform ist falsch berechnet, ob absichtlich oder versehentlich.
BERLIN taz | Die schwarz-gelbe Koalition wälzt die Finanzierung ihrer
Pflegereform fast vollständig auf eine künftige Bundesregierung ab. Diesen
Schluss lassen die "Eckpunkte zur Umsetzung der Pflegereform" zu, die das
Kabinett am Mittwoch beschlossen hat. So verspricht das Papier aus dem Haus
von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) Leistungsverbesserungen für
Pflegebedürftige und Demenzkranke.
Der Finanzrahmen, der hierfür in dieser Legislaturperiode beziffert wird,
ist nach übereinstimmender Schätzung von Kassen- wie Ministeriumskreisen
jedoch völlig unzureichend. Von Sozialverbänden, aber auch ministeriums-
wie kassenintern wird deswegen davon ausgegangen, dass die eigentlichen
Reformkosten von einer nächsten Regierung eingetrieben werden müssen.
In dieser Legislatur wird der Beitragssatz in der Pflegepflichtversicherung
lediglich um moderate 0,1 Beitragssatzpunkte zum 1. Januar 2013 erhöht. Das
entspricht Mehreinnahmen von etwa 1,1 Milliarden Euro jährlich. Dieses Geld
solle besonders Demenzkranken zugutekommen, die bislang nur geringe
Leistungen aus der Versicherung erhielten, sagte Bahr.
## Milliarden für Verbesserungen
Tatsächlich aber wird dieses zusätzliche Geld nach Informationen der taz
allein dafür gebraucht, um den Status quo in der Pflege zu erhalten. Auch
dies wäre nach ministeriumsinternen Berechnungen nur bis maximal 2014
möglich - danach würde noch mehr Geld gebraucht. Für die Dementen bliebe
demnach: nichts.
Dabei wären, um die versprochenen Pflegeverbesserungen zu realisieren, nach
Ministeriums- und Kassenschätzung insgesamt etwa 6 Milliarden Euro pro Jahr
zusätzlich nötig. Allein die von Bahr zum Ende der Legislatur angekündigte
Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs, der Leistungen nicht mehr
nur an körperliche, sondern auch an geistige Gebrechen koppeln will, würde
knapp 3 Milliarden Euro kosten.
Eine weitere Milliarde Euro würde gebraucht, um den sogenannten
Bestandsschutz zu finanzieren. Gemeint ist, dass Pflegebedürftigen keine
Leistungen gestrichen werden dürfen. Auch dann nicht, wenn sie etwa im Zuge
einer Neueingruppierung nach dem neuen Bedürftigkeitsbegriff eigentlich
weniger erhalten würden als bisher.
Die Dynamisierung in der Pflegeversicherung, also die Anpassung an die
Inflations- und Lohnentwicklung, bräuchte bis zu einer weiteren Milliarde
Euro. Bahr indes prahlte, er leiste einen "ordentlichen Beitrag, um die
Pflege zukunftsfest zu machen".
16 Nov 2011
## AUTOREN
Heike Haarhoff
## TAGS
Schwerpunkt Genossen machen die taz
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