# taz.de -- EU-Klage gegen VW-Gesetz: Sperrminorität unerwünscht | |
> Die EU-Kommission hat was gegen Niedersachsens 20-prozentige | |
> Sperrminorität an der Volkswagen AG. Deswegen verklagt sie die | |
> Bundesregierung erneut. | |
Bild: 20 Prozent von alldem gehört dem Land Niedersachsen. Noch. | |
BRÜSSEL/BERLIN afp/dpa/taz | Die EU-Kommission geht wieder gerichtlich | |
gegen das VW-Gesetz vor. Am Donnerstag kündigte sie an, Deutschland wegen | |
Verstoßes gegen den EU-Vertrag vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu | |
verklagen. Die Forderung: Die Bundesregierung soll die 20-prozentige | |
Sperrminorität des Landes Niedersachsen an der Volkswagen AG aufgeben. | |
Diese Sperrminorität bedeute unzulässige Sonderrechte, erklärte die | |
Kommission. Im Allgemeinen setzt das Aktienrecht für Aktionäre einen Anteil | |
von 25 Prozent an einem Unternehmen voraus, wenn sie ein Vetorecht haben | |
wollen. Das niedrigere Quorum im VW-Gesetz sichert den besonderen Einfluss | |
des Landes Niedersachsen und der Arbeitnehmervertreter bei Europas größtem | |
Autohersteller. | |
Die Reaktionen in Deutschland waren unterschiedlich. Im Vorfeld hatte der | |
niedersächsische CDU-Ministerpräsident David McAllister das Gesetz schon | |
verteidigt. Bei der Haushaltsdebatte im Bundestag am Donnerstag fiel ihm | |
jedoch sein Parteikollege, der sächsische Abgeordnete Andreas Lämmel, in | |
den Rücken, indem er es für "überholt" erklärte. Der wirtschaftspolitische | |
Sprecher der SPD-Fraktion, Garrelt Duin, sagte dagegen, der Konzern sei | |
"nicht trotz, sondern wegen des Einflusses des Landes Niedersachsen" so | |
erfolgreich. | |
Auch Ulla Lötzer von der Linksfraktion meint, dem VW-Gesetz sei es "zu | |
verdanken, dass Entscheidungen im Unternehmen über die Errichtung oder | |
Verlagerung von Produktionsstätten nur mit Zustimmung der | |
Arbeitnehmervertreter gefällt werden können". Die IG Metall in | |
Niedersachsen sprach von einem "neoliberalen Vorstoß", mit dem die | |
erweiterte Mitbestimmung "aus rein ideologischen Gründen" beseitigt werden | |
solle, und kündigte Aktionen an. | |
Die Auseinandersetzungen über das VW-Gesetz ziehen sich schon gut zehn | |
Jahre hin. Brüssel moniert, der politische Einfluss störe den freien | |
Kapitalverkehr und erschwere feindliche Übernahmen. 2007 klagte die | |
Kommission erstmals. Damals kippte der EuGH zwei Regelungen, nach denen das | |
Stimmrecht unabhängig vom tatsächlichen Anteil eines Investors auf 20 | |
Prozent begrenzt wurde und das Land zwei Sitze im Aufsichtsrat hatte. Die | |
Bundesregierung änderte das Gesetz. Nach Meinung der EU-Kommission hat sie | |
das Urteil aber nicht umgesetzt, solange die Sperrminorität bleibt. | |
24 Nov 2011 | |
## TAGS | |
Europäischer Gerichtshof | |
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