# taz.de -- Kampf ums neue VW-Gesetz: "Leuchtturm der Mitbestimmung" | |
> Rund 40.000 Beschäftigte demonstrieren für den Erhalt der Sonderregeln. | |
> Im Aufsichtsrat stellt sich Piëch mit einer Enthaltung gegen Porsche. Die | |
> wollen mehr Einfluss auf VW. | |
Bild: Protest im Sinne des Arbeitgebers: 40.000 Beschäftigte demonstrieren vor… | |
Vor der Volkswagen-Konzernzentrale in Wolfsburg demonstrierten am Freitag | |
rund 40.000 Beschäftigte des Autokonzerns für den Erhalt des VW-Gesetzes | |
und gegen die Machtübernahme von Porsche bei VW demonstriert. Auf der | |
Kundgebung im VW-Stammwerk griffen IG-Metall-Chef Berthold Huber, der | |
DGB-Vorsitzende Michael Sommer und VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh | |
scharf die EU-Kommission an, die auch gegen das geänderte VW-Gesetz klagen | |
will. Sie machten deutlich, dass die Gewerkschaften für die besonderen | |
Mitbestimmungsrechte bei Volkswagen und für das neue VW-Gesetz weiter | |
kämpfen wollen. | |
IG-Metall-Chef Huber lobte das Gesetz als "Leuchtturm der Mitbestimmung". | |
In Zeiten der Globalisierung brauche man mehr Mitbestimmung und nicht | |
weniger. Diese sei "die beste Therapie gegen die Heuschreckenkrankheit". | |
Der Gewerkschaftschef erinnerte daran, dass das VW-Stammwerk in Wolfsburg | |
einst von den Nazis mit geraubtem Gewerkschaftsvermögen gebaut wurde. "Wer | |
uns das VW-Gesetz nehmen will, will uns unseren Anteil an der Entstehung | |
von VW nehmen", betonte er. | |
Nach dem neuen VW-Gesetz müssen Standortentscheidungen bei Volkswagen | |
weiter von einer Zweitdrittelmehrheit des Aufsichtsrats genehmigt werden. | |
Das Gremium kann damit ohne Zustimmung der Arbeitnehmervertreter keine | |
Standortverlagerungen beschließen. "Das VW-Gesetz schützt die Belegschaft", | |
sagte Huber denn auch. Nach dem geänderten VW-Gesetz soll zudem auf | |
Volkswagen-Hauptversammlungen weiter eine Sperrminorität von 20 Prozent | |
gelten. Weil Niedersachsen gut 20 Prozent der VW-Aktien besitzt, kann dies | |
eine Eingliederung von Volkswagen in das kleinere Unternehmen Porsche | |
verhindern. | |
Wenn das VW-Gesetz falle, sei "der Weg für die Beherrschung von Volkswagen | |
durch Porsche frei", kritisierte der IG-Metall-Vorsitzende. Zu einem | |
VW-Vorstand, der eine Marionette an den Fäden von Porsche sei, sage die IG | |
Metall eindeutig Nein. | |
Den EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy, der erneut gegen das Gesetz | |
klagen will, nannte Huber einen Neoliberalen und warf ihm vor, die Zukunft | |
Europas zu zerstören. VW-Betriebsratschef Osterloh drohte mit Protesten in | |
Brüssel: "Dann werde wir, wo sonst die Bauern mit Treckern ihren Mist | |
abladen, unsere Forderung nach einem sozialen Europa lautstark und | |
nachdrücklich kundtun", sagte er. | |
In der parallel zur Demonstration laufenden Aufsichtsratssitzung ist es | |
unterdessen zu einem Eklat zwischen den Porsche-Eigentümerfamilien Piëch | |
und Porsche gekommen. Der Chef des Kontrollgremiums, Ferdinand Piëch, | |
machte durch Stimmenthaltung den Weg für einen Antrag der Arbeitnehmer | |
frei, Kooperationen zwischen Audi und Porsche künftig nur nach Zustimmung | |
des Aufsichtsrats zu erlauben. Piëch war nicht persönlich zur Sitzung | |
erschienen, sondern hatte sich zu dem Antrag schriftlich enthalten. | |
Aufsichtsrat Wolfgang Porsche reagierte empört. | |
Nach Angaben von Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) | |
wurde auf der Sitzung zudem die Volkswagen-Satzung im Sinne des neuen | |
VW-Gesetzes geändert. Dem Antrag Niedersachsens, die Satzung dem Urteil des | |
Europäischen Gerichtshofes zum VW-Gesetz anzugleichen, sei der Aufsichtsrat | |
"einmütig bei Enthaltung der Porsche-Vertreter gefolgt". Nach wie vor | |
strittig sei zwischen Niedersachsen und VW allerdings die Frage der | |
Sperrminorität des Landes. "Das muss gegebenenfalls vor Gericht ausgetragen | |
werden", sagte Wulff. | |
12 Sep 2008 | |
## AUTOREN | |
Jürgen Voges | |
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