# taz.de -- Bionade-Chef versucht Image-Korrektur: Öko statt Oetker | |
> Der Einstieg von Dr. Oetker als Mehrheitseigner hat das Öko-Image der | |
> Bionade geschädigt. Jetzt soll die Brause-Brauerei wieder unabhängig sein | |
> – als Genossenschaft. | |
Bild: Das ehemalige offizielle Getränk für eine bessere Welt: Bionade. | |
BERLIN taz | Mit einer Genossenschaft will Bionade-Chef Peter Kowalsky dem | |
Lebensmittelkonzern Dr. August Oetker dessen Mehrheitsanteil an dem | |
Öko-Limonadenhersteller abkaufen. "Sie wollen eine Genossenschaft gründen", | |
sagte der Vorsitzende der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, | |
Rudolf Bühler, der taz. | |
Das habe Kowalsky ihm bei einem Gespräch im Sommer mitgeteilt. Biobauer | |
Bühler organisiert das Anti-Gentechnik-Konzert "Rock for Nature", das | |
jahrelang von Bionade gesponsert wurde. | |
"Diese Ehe mit der Firma Oetker ist nicht mehr in den Flitterwochen", | |
ergänzte Bühler. Die Bionade-Leute um Kowalsky wollten ihr Verhältnis zu | |
dem Lebensmittelkonzern "wieder entflechten". Oetker macht seine | |
milliardenschweren Umsätze unter anderem mit konventionellen | |
Tiefkühlpizzen. Das vertrage sich nicht mit dem Ökoimage von Bionade. | |
Kowalsky und Co seien "auf einem Trip back to the roots, das ist | |
eindeutig", so Gentechnikgegner Bühler weiter. Er habe ihnen seine Hilfe | |
bei dem Projekt angeboten. | |
"Diese Spekulation möchten wir nicht kommentieren", teilte | |
Bionade-Sprecherin Nicola Schuldt-Baumgart auf Nachfrage der taz mit. Sie | |
dementierte aber auch nicht. Oetker wollte sich zu dem Thema nicht äußern. | |
Hintergrund der "Spekulation": Branchenexperten meinen, dass Oetkers | |
Einstieg bei Bionade im Jahr 2009 die Marke beschädigt habe. Die | |
Agrarrohstoffe der Limonade kommen aus der umweltfreundlichen | |
Biolandwirtschaft; sie wurde mit Slogans wie "Das offizielle Getränk einer | |
besseren Welt" beworben. Dieser Anspruch lässt sich offenbar für viele | |
Kunden nicht mit der Produktpalette eines konventionellen | |
Lebensmittelkonzerns vereinbaren. | |
## Tankstellen statt Ökoläden | |
Zudem veränderte Oetkers Einstieg die Geschäftspolitik der Bionade-Leute. | |
Der Vertrieb der Ökolimo ging immer weiter in die Breite. Sogar Tankstellen | |
bieten mittlerweile Bionade an. Viele kleine Ökoläden dagegen listeten die | |
Brause aus und nahmen Konkurrenzprodukte ins Sortiment. | |
Symbolisch für Oetkers Einstieg bei Bionade stand, dass die Firma ihr | |
langjähriges Sponsoring für das Anti-Gentechnik-Konzert "Rock for Nature" | |
2011 stoppte und auch eine Großdemonstration gegen die Agrarindustrie im | |
vergangenen Januar in Berlin nicht unterstützen wollte. Auch die Neuauflage | |
der Demo im kommenden Jahr will Bionade nicht sponsern. | |
"Bionade hat sich von einer alternativen zu einer Lifestyle-Marke | |
entwickelt", sagte Paul Werner Hildebrand, Geschäftsführer der Werbeagentur | |
organic Marken-Kommunikation. "Die jüngsten Werbekampagnen gingen immer | |
mehr in die Schickimicki-Ecke – mit Wortspielen für Banker und so", | |
erklärte der auf "grüne" Unternehmen spezialisierte PR-Fachmann. | |
"Das geht voll an der Zielgruppe vorbei." Das verfehlte Marketing trug dazu | |
bei, dass der Bionade-Absatz laut Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung | |
seit 2007 um zwei Drittel auf voraussichtlich nur noch 60 Millionen | |
Flaschen in diesem Jahr gefallen ist. Auch das wird von dem | |
Öko-Limonadenhersteller nicht dementiert. | |
Das Glaubwürdigkeitsproblem ließe sich tatsächlich lösen, indem die neue | |
Genossenschaft den 70-Prozent-Anteil von Oetker kauft, meint | |
Marketingexperte Hildebrand. "Emotional könnte das funktionieren." Der | |
Konzern wäre draußen, denn die restlichen 30 Prozent halten Peter Kowalsky | |
und sein Bruder Stephan. Außerdem haben Genossenschaften den Ruf, | |
vergleichsweise demokratisch organisiert zu sein: Jeder Anteilseigner hat | |
nur eine Stimme, egal wie viel er investiert hat. | |
## Hoher Kaufpreis | |
Aus ökonomischer Sicht dagegen hat nicht nur Hildebrand Zweifel. Oetker | |
wird nur dann zum Verkauf bereit sein, wenn der Preis stimmt. Laut | |
Lebensmittel-Zeitung hat der Konzern allein anfangs rund 50 Millionen Euro | |
in Bionade investiert. Den Kaufpreis müsste die Genossenschaft aus den | |
Einzahlungen ihrer Mitglieder begleichen. Brancheninsider glauben nicht, | |
dass sie genug Geld zusammenbekommt. "Wir reden über eine viel zu hohe | |
Summe", sagt einer. | |
Zum Vergleich: Die taz-Genossenschaft hat 19 Jahre nach ihrer Gründung etwa | |
11.500 Mitglieder, die im Schnitt 1.000 bis 1.500 Euro investiert haben. | |
Wenn Kowalsky in absehbarer Zeit so viele Genossen findet, müssten die also | |
jeweils mehr als das Doppelte einzahlen: rund 4.300 Euro. | |
24 Nov 2011 | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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