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# taz.de -- Umwelt-Apps fürs Smartphone: Der grüne Daumen
> Das Smartphone enthält Schwermetalle und transportiert Bakterien. Es kann
> aber auch Sinnvolles: Fünf Apps wollen helfen. Ein Test mit
> durchwachsenen Ergebnissen.
Bild: Ist Seelachs kaufen okay? Die App von Greenpeace und WWF hilft weiter.
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Bei all den Geschmacksverstärkern, Aromastoffen und E-Nummern im
Kleingedruckten brummt einem der Schädel. Dieses ewige "Was ist denn nun
drin?" möchte man sich einfach nicht mehr fragen. Man fragt darum: eine
App. "Codecheck" nämlich. Sie will für Transparenz im Supermarkt sorgen.
Und? Kann sies? Erste Erkenntnis: Der Spaß will geübt sein. Damit die
Kamera des Smartphones den Strichcode der Butter lesen kann, braucht man
nämlich eine ruhige Hand. Wem für solche Zitterpartien die Geduld fehlt,
der kann - aha! - auch die Butternummer darunter in die Suchmaske eingeben.
Dann gehts los: Die App gibt Auskunft über Nährwerte, listet gefährliche
Inhaltsstoffe auf, nennt Umwelteigenschaften. Ganz nett. Auf den ersten
Blick.
Denn besonders verständlich arbeitet Codecheck nicht. Es wimmelt vor
Fachbegriffen und Chemiekauderwelsch. Bei der Butter warnt die App vor
Gefahrenpotenzialen von Antioxidantien, Alkalien und Zitraten. Denn: "Bei
Zufuhr größerer Mengen von E 330 vermag der Darm mehr Schwermetalle und
Radionuklide aufzunehmen." Aha? Zumindest verrät die App, welche
Inhaltsstoffe man besser noch mal nachschlägt. Überfrachtet.
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Nachdem das Scannen jetzt schon leichter von der Hand geht, bietet
"Ecoscan", rein technisch, wenig neue Herausforderungen. Denn auch diese
App übersetzt Butterbarcodes. Aber: Sie versteht nur ökologisch. Lediglich
Bio- und Fairtrade-Produkte lassen sich entschlüsseln. Liest man den
Barcode der Biobutter ein, wird deren "grüne Geschichte" erzählt, also
erklärt, was sie nachhaltig und damit qualitativ hochwertig macht.
Jedenfalls lautet so die Vision der Ecoscan-Entwickler, einer Gruppe
Aktivisten aus Freiburg.
Nehmen wir zur Abwechslung den Biojoghurt. Vor die Kamera halten,
Strichcode anvisieren … und? Hm. Nicht viel. Mehr als das, was auf der
Packung sowieso schon steht, spuckt Ecoscan nicht aus: Zutatenliste,
Biozertifikat, Herstelleradresse. Die Lücken in der Datenbank müssten aber
bald gefüllt werden, sobald sich die App bei Bioherstellern herumgesprochen
hat. Außerdem soll eine Verknüpfung mit der Fairtrade-Datenbank folgen. Na
dann. Hoffnungsvoll.
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129 Liter Wasser werden in Deutschland pro Kopf und pro Tag verbraucht, in
den Weltmeeren schwimmt sechsmal so viel Plastik wie Plankton, und ein
Erwachsener benutzt täglich neun Körperpflegeprodukte mit insgesamt 126
Chemikalien.
Wissen dank App: Eine Menge Zahlen, die das Nachhaltigkeitsmagazin
"Ecochallenge" da präsentiert. Alle zwei Wochen erscheint eine neue
Ausgabe, zum Beispiel zum Thema Fleischkonsum oder Trinkwasser.
Eine kurze Einführung, ein fixer Fingertipp, schon überprüft man per
Rechner, ob das eigene Verhalten ökologisch vertretbar ist: Wie hoch ist
mein Erdölverbrauch durch Plastikgegenstände? Wie viel meines Essens kommt
aus Übersee? Wer hier nicht betrügt, kommt schnell auf erschreckende
Beträge. Gut so. Ist nämlich alles Teil der Vorbereitung - auf sogenannte
Challenges. Zwei davon soll man schaffen in 14 Tagen. Wer etwa Glühbirnen
gegen Energiesparlampen austauscht, hat eine Challenge gewonnen.
Okay, die Weltmeere rettet der Smartphonebesitzer nicht, wenn er auf seine
"richtiger Fisch"-Challenge hört, für Freunde kocht und dabei den Thunfisch
durch Makrelen ersetzt. Trotzdem: Diese App kann dem App-Anfänger bei den
ersten Schritten ins bewusstere Leben helfen. Wegweisend.
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Sparsam, äußerst sparsam das alles. Inhalt statt Optik, dachte sich wohl
das Grüppchen der Grünen Jugend, als es "iVeg" entwickelte, eine
Saisontabelle. Nach dem Start darf gewählt werden, ob Gemüse oder Obst -
und voilà, kann man sich an einer Liste voller Sorten und Erntemonaten
abarbeiten.
Abarbeiten ist das Stichwort. Muss diese Tabelle denn so nach Mathe
aussehen? Die Bilder der heimischen Obst- und Gemüsesorten sind klein und
unscharf. Es gibt keine Fotos, keine Videos, keine Audiodateien.
Zugegeben, die wichtigen Informationen sieht man auf einen Blick, ohne lang
hin und her klicken zu müssen. Für den schnellen Einkauf im Supermarkt mag
iVeg auch ausreichen. Wenn es aber etwas ausgefallener sein soll als
Kopfsalat, Möhren oder Äpfel, stößt man bei nur 44 angegebenen Obst- und
Gemüsesorten bald an die Grenzen. Schon Fenchel oder Trauben sucht man
vergebens. Ausbaufähig.
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Die Doraden sehen gut aus, aber ähm, öhm, wie war das noch gleich? Darf man
die noch guten Gewissens kaufen? Allen, die an der Fischtheke grübeln,
sollen die Fisch-Ratgeber von Greenpeace und World Wide Fund For Nature
(WWF) eine Lösung bieten. Nicht mehr bloß als Papierbroschüre, auch als
App.
Die WWF-Version begrüßt einen mit einer Ampel. Einfach "Gute Wahl", "Zweite
Wahl" oder "Lieber nicht" anklicken, um sich die jeweiligen Fischarten samt
Angaben zu Fangart und -gebiet aufzählen zu lassen. Schneller gehts mit der
alphabetischen Fischliste unter der Ampel: "Dorade Royal Bio, Mittelmeer,
Zucht"? Gute Wahl, verrät die App. Gekauft.
Gegencheck mit der Greenpeace-App: Auf der alphabetischen Liste ist die
Dorade rot markiert, das kann nichts Gutes verheißen. "Grundsätzlich nicht
vertretbar", sagt Greenpeace, es sei denn, der Fisch stamme aus
Aquakulturen aus traditioneller Haltung in Lagunen, zum Beispiel aus
Griechenland oder der Türkei. Auch wenn sich WWF und Greenpeace nicht immer
einig sind und am besten immer beide Apps befragt werden sollten: Nützlich.
25 Nov 2011
## AUTOREN
Beate Scheder
## TAGS
Schwerpunkt Überwachung
Schwerpunkt Meta
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