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# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Kongo: Gruselige Stimmung
> Am Dienstag wird das Wahlergebnis bekannt gegeben. Die Bevölkerung von
> Kinshasa rüstet sich für eine blutige Konfrontation zwischen Staatsmacht
> und Volk.
Bild: Säcke voller Stimmzettel: Das Wahlergebnis sorgt schon vor der Bekanntga…
KINSHASA taz | Gepanzerte Polizeifahrzeuge mit Maschinengewehren auf dem
Dach patrouillieren auf den Straßen. Die sonst so belebten Gassen von
Kinshasa wirken nach Einbruch der Dunkelheit wie ausgestorben. Am Hafen
sammeln sich Frauen mit Kindern, um die Fähre über den Kongo-Fluss nach
Brazzaville, die gegenüberliegende Haupstadt der Republik Kongo, zu
erwischen. Ausländer, die in Kinshasa ausharren, decken sich mit Vorräten
ein. Supermärkte und Banken bleiben geschlossen. Die Regierung hat alle
SMS-Dienste abschalten lassen.
Die Stimmung ist gruselig, als warte die ganze Stadt auf einen Orkan.
Lokale Menschenrechtler melden, Regierung und Opposition hätten Macheten in
den Slums verteilt. Anwohner eines Hafens außerhalb der Hauptstadt
berichten, dass nachts Boote mit Soldaten der Präsidentengarde aus anderen
Landesteilen anlegen, um die Truppen in Kinshasa zu verstärken.
Spätestens am Dienstag sollen die vorläufigen Endergebnisse der
Präsidentschaftswahl vom vergangenen Montag verkündet werden. Und bereits
im Vorfeld gibt es schlechte Stimmung. Am Freitag hatte die Wahlkommission
CENI begonnen, erste Teilergebnisse zu veröffentlichen. Im Stakkato rasselt
CENI-Chef Daniel Ngoy Mulunda seither jeden Nachmittag in einem unfertigen
Konferenzsaal Zahlen herunter, während Bauarbeiter im Hintergrund eifrig
werkeln, um den Saal für den großen Auftritt am Dienstag fertigzustellen.
Die CENI-Auswertung von einem Drittel der über 60.000 Wahllokale landesweit
zeigt: Kabila liegt mit 50 Prozent vorne. Die meisten Stimmen erhielt er in
der Südprovinz Katanga. Kabilas größter Herausforderer Tshisekedi erreicht
demnach bislang 34 Prozent. Sein Anteil wird wohl noch steigen: Die
Auswertungszentren in Kinshasa, Hochburg der Opposition, hinken wegen
Desorganisation hinterher.
## Die Kalaschnikow der Präsidentengarde
Die Opposition ist empört. Am Samstagabend kündigt sie eine Pressekonferenz
an. In geschlossener Front sitzen Vertreter von fast einem Dutzend
Oppositionsparteien vor Journalisten – an sich schon ein Wunder: Immerhin
war es den Parteien im Vorfeld der Wahl nicht gelungen, einen gemeinsamen
Kandidaten gegen Kabila ins Rennen zu schicken. Einer nach dem anderen
unterzeichnet nun eine gemeinsame Erklärung. Darin werden alle
Teilergebnisse als „null und nichtig“ abgelehnt. „Die Verkündung der
Teilergebnisse ist eine psychologische Vorbereitung der Bevölkerung auf
Wahlfälschung“, erklärt Vital Kamerhe, Präsidentschaftskandidat der UNC
(Union für die Kongolesische Nation).
„Wir wissen, wer gewonnen hat, nämlich Tshisekedi“, fügt Jacquemin Shabani
hinzu, Generalsekretär der Tshisekedi-Partei UDPS (Union für Demokratie und
Sozialen Fortschritt). Beide verlangen einen afrikanischen Vermittler.
„Derzeit stehen sich Kabila mit Kalaschnikow und Tshisekedi mit der Masse
des Volkes gegenüber“, so Kamerhe.
Die Kalaschnikow hat die Masse bereits zu spüren bekommen. Im Zusammenhang
mit den Wahlen gab es laut Human Rights Watch (HRW) bisher bis zu 18 Tote.
Der HRW-Bericht bestätigt, mindestens 12 Menschen seien am vorletzten
Samstag von der Präsidentengarde erschossen worden.
Am Sonntag plante die UDPS eine Beerdigungszeremonie für mindestens einen
toten Anhänger. Dessen Leiche war in der Nacht in der Parteizentrale
aufgebahrt. Dann stürmte gestern früh um fünf Uhr die Polizei das Gebäude:
„Sie haben unsere Sicherheitsleute im Schlaf überrascht und die Leiche
mitgenommen“, sagt UDPS-Sekretär Remy Massamba. Die Zeremonie musste
abgesagt werden.
5 Dec 2011
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
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