# taz.de -- Internationale Afghanistan-Konferenz: Lauter schöne Versprechen | |
> Die Regierung in Kabul bekommt die gewünschte Hilfszusage für eine | |
> weitere Dekade und gelobt Besserung. Es wurde sich auch auf Prinzipien | |
> eines Friedenprozesses geeinigt. | |
Bild: Schläft er oder hört er zu? Ein afghanischer Delegierter während der E… | |
BONN taz | "Afghanistan kann sich auch nach 2014 auf die Unterstützung der | |
internationalen Gemeinschaft verlassen." Dies sagte Bundeskanzlerin Angela | |
Merkel bei der internationalen Afghanistankonferenz am Montag in Bonn und | |
sandte damit das erwartete Signal aus. Merkels Versprechen wurde von den | |
100 Delegationen, die im alten Plenarsaal des Bundestages über Afghanistans | |
Zukunft nach dem Abzug der Nato-Kampftruppen 2014 diskutierten, auf ebenso | |
unverbindliche Art wiederholt. | |
In der erst nach Redaktionsschluss veröffentlichten Erklärung einigte sich | |
die Konferenz laut Delegationskreisen auf Prinzipien für einen | |
Friedensprozess mit den Taliban. Dieser müsse unter afghanischer Führung | |
stehen, alle Bevölkerungsgruppen einschließen und die Abkehr vom | |
internationalen Terrorismus sowie die Anerkennung der Verfassung beinhalten | |
einschließlich der darin enthaltenen Menschen- und Frauenrechte. Zudem | |
müsse der Prozess von der Region unterstützt werden. | |
Merkel sagte auch zu, das Ausbildungskonzept afghanischer Militär- und | |
Polizeikräfte durch internationale Truppen fortzusetzen. Afghanistans | |
Präsident Hamid Karsai versicherte: "Wir wollen für die internationale | |
Gemeinschaft nicht einen Tag länger eine Last sein als unbedingt nötig." | |
Doch sei das noch mindestens eine Dekade der Fall. Ziel sei ein | |
wohlhabendes, friedliches, demokratisches und stabiles Afghanistan. Dies | |
wolle er durch Ausbau der Infrastruktur, Förderung von Landwirtschaft und | |
Bergbau sowie regionale Integration erreichen. Wie schon oft versprach er | |
gute Regierungsführung und die Bekämpfung von Korruption und Drogenhandel - | |
ohne konkrete Maßnahmen zu nennen. | |
## Linker Protest nach Clinton-Rede | |
US-Außenministerin Hillary Clinton forderte von Karsai Reformen, sagte aber | |
zugleich zu, dass Washington wieder in einen Fonds für Afghanistan | |
einzahlen wolle. Das war nach dem Korruptionsskandal der Kabul Bank | |
ausgesetzt worden. Nach Clintons Rede protestierten drei Abgeordnete der | |
Partei Die Linke kurz mit Rufen und einem Transparent von der | |
Zuschauertribüne aus gegen die Konferenz. An der Strecke zum Konferenzort | |
sowie auf einem Schiff auf dem Rhein waren ebenfalls kleine Gruppen von | |
Demonstranten unterwegs. | |
"Wir haben hier genau die Zusage für weitere zehn Jahre nach 2014 bekommen, | |
die wir haben wollten", sagte der stellvertretende afghanische | |
Außenminister Jawid Ludin. "Wir wollen endlich selbst die Verantwortung für | |
unser Land übernehmen." | |
Kritische Töne gab es vom Iran, von Russland und der Vertreterin der | |
Zivilgesellschaft. Irans Außenminister Ali Akbar Salehi forderte den Abzug | |
aller ausländischen Truppen aus Afghanistan und wandte sich gegen den | |
Wunsch der USA nach Stützpunkten. Russlands Außenminister Sergei Lawrow | |
warf der Nato vor, die Lage zu beschönigen. Und die Frauenrechtlerin Selay | |
Ghaffar sagte, nicht nur die Taliban seien ein Problem, sondern auch die | |
Warlords in der Regierung. Und die Regierung müsste endlich die | |
versprochenen Frauenrechte einlösen. | |
5 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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