# taz.de -- Wahl in Ägypten: Muslimbrüder räumen nochmals ab | |
> Die Muslimbrüder gewinnen offenbar 36 von 54 Sitzen im Parlament. General | |
> Mohammed Ibrahim wird Innenminister. Er soll während der Revolution den | |
> Schießbefehl gegeben haben. | |
Bild: Barrikaden vor dem Innenministerium in Kairo. | |
KAIRO/BERLIN afp/rtr/taz | Die Muslimbrüder sind offenbar auch aus dem | |
zweiten Teildurchgang der Parlamentswahl in Ägypten als die stärkste | |
politische Kraft hervorgegangen. Die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit | |
der gemäßigt islamistischen Muslimbrüder beanspruchte am Mittwoch 36 der in | |
diesem Wahlgang zu vergebenden 54 Sitze für Einzelkandidaten für sich. | |
Einschließlich der in der vergangenen Woche vergebenen Mandate komme sie | |
damit auf fast die Hälfte der 168 bislang vergebenen Sitze, hieß es in der | |
Erklärung weiter. Neben den Muslimbrüdern nahmen auch die | |
fundamentalistischen Salafisten an der Wahl teil. Sie erhielten im ersten | |
Teildurchgang 24,4 Prozent der Stimmen. | |
Am Montag und Dienstag standen in einer Stichwahl die Sitze in einem | |
Drittel der insgesamt 27 Gouvernorate zur Wahl, darunter die Hauptstadt | |
Kairo und die zweitgrößte Stadt Alexandria. Die liberalen und säkularen | |
Kräfte konnten sich dabei offenbar nicht gegen die islamistische Bewegung | |
behaupten, die unter dem früheren Präsidenten Husni Mubarak unterdrückt | |
worden war. | |
Unterdessen gab Ägyptens Regierungschef Kamal al-Gansuri die Ernennung von | |
General Mohammed Ibrahim zum Innenminister der neuen Regierung bekannt. Der | |
General war bisher für die Sicherheit in der Provinz Giseh zuständig und | |
ist der ehemalige Sicherheitschef von Alexandria, wie Ahram Online | |
berichtete. | |
Ihm wird vorgeworfen, einer derjenigen in der oberen Polizeihierarchie | |
gewesen zu sein, der einen Schießbefehl auf friedliche Demonstranten | |
während der Revolution Anfang des Jahres gab. Außerdem fällt der Tod von | |
Khaled Said, bekanntestes Opfer der Polizeibrutalität, in seine Amtszeit. | |
Ibrahim gehört zur alten Garde des verhassten ehemaligen Innenministers | |
Habib al-Adli. Daher waren Überlegungen, ihn mit dem Posten zu betrauen, | |
bereits im Vorfeld auf heftige Kritik gestoßen. Ahram Online zufolge | |
nominierte Gansuri daraufhin einen anderen Kandidaten, der den Posten | |
jedoch nicht annahm. | |
Gansuri war vom regierenden Militärrat im November mit der Bildung einer | |
Übergangsregierung beauftragt worden, nachdem das frühere Kabinett | |
zurückgetreten war. Auslöser des Rücktritts waren Proteste gegen den | |
Militärrat und gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und den | |
Demonstranten. | |
7 Dec 2011 | |
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