# taz.de -- Kommentar Wahl in Ägypten: Grund genug zur Sorge | |
> Zwei islamistische Parteien liegen nach dem ersten Wahltag vorne. | |
> Einziger Trost: es ist nur ein Trend. Das Endergebnis gibt es erst im | |
> März. Bis dahin kann viel geschehen. | |
Bild: Barrikaden vor dem Innenministerium in Kairo. | |
Die ägyptischen Wahlen sollen bis März andauern, deswegen kann das Ergebnis | |
der ersten Runde bestenfalls ein Hinweis darauf sein, was kommen könnte. | |
Ein Hinweis freilich, der Anlass zur Sorge ist, denn die beiden | |
islamistischen Parteien - die Muslimbrüder und die Salafisten - teilen sich | |
gut zwei Drittel der Stimmen. Ist Ägypten also auf dem Weg zur "Islamischen | |
Republik", wie die iranische Führung seit Beginn des "Arabischen Frühlings" | |
jubelt? | |
Ganz so einfach und problemlos wird das aber nicht geschehen. Dafür dürften | |
allein schon die Muslimbrüder sorgen: Seit 83 Jahren warten sie auf ihre | |
Chance, haben sich nach Jahren der Unterdrückung und Verfolgung gemäßigt | |
und tendieren nun zu einem Staatssystem wie dem der Türkei. | |
Um nichts in der Welt aber sind sie bereit, den Weg an die Macht zu | |
gefährden. So hielten sie sich bei den jüngsten Unruhen zurück und so haben | |
sie längst erklärt, mit liberalen und demokratischen Kräften | |
zusammenzuarbeiten. | |
Die Salafisten der erst im Januar entstandenen "Al-Nour"-Partei ("Das | |
Licht") gehören nicht dazu. Diese wollen einen radikalen Gottesstaat, und | |
eine Koalition mit ihnen wird von den gemäßigteren Muslimbrüdern als Gefahr | |
betrachtet: Die liberalen Kräfte der Revolution blieben außen vor, und neue | |
innere Unruhen könnten das Ergebnis sein. | |
Auch würde das Militär - seit dem Sturz des Königs 1952 die eigentliche | |
Macht im Staat - dies nicht widerspruchslos hinnehmen. Schon jetzt zeigt es | |
mehr als deutlich, dass es nicht bereit ist, sich einfach der Politik | |
unterzuordnen, schon gar nicht einem islamistischen Kurs. | |
Das alles zusammen ist Grund genug zur Sorge. Einziger Trost bleibt, dass | |
der erste Wahlgang nicht unbedingt das Gesamtergebnis repräsentiert. Das | |
kommt erst im März. Und bis dahin kann viel geschehen. | |
2 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Peter Philipp | |
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