# taz.de -- Immobilien-Affäre: Braun setzt auf Recht statt Moral | |
> Der neue Justizsenator weist im Rechtsausschuss Vorwürfe zurück, in | |
> Schrottimmobilien-Deals verwickelt zu sein. Grüner droht mit | |
> Untersuchungsausschuss | |
Bild: Justizsenator Michael Braun (CDU) am Mittwoch im Rechtsausschuss | |
Ein Senator, der auf seiner Unschuld beharrt. Ein Opfervertreter, der ihn | |
der Lüge bezichtigt und seinen Rücktritt fordert. Und ein führender | |
Oppositionspolitiker, der keinen Fortschritt in der Aufklärung der | |
Schrottimmobilien-Affäre sieht, in die der neue Justiz- und | |
Verbraucherschutzsenator Michael Braun (CDU) verwickelt sein soll. So | |
stellte sich die Lage auch nach zweistündiger Diskussion im | |
Rechtssausschuss des Abgeordnetenhauses am Mittwoch dar. Als Fortsetzung | |
stehen möglicherweise ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss und | |
Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft an. | |
Gegen Braun waren unmittelbar nach seiner Ernennung zum Senator in der | |
vergangenen Woche Vorwürfe laut geworden, er habe als Notar Vermittlern von | |
Schrottimmobilien geholfen, Käufer über den Tisch zu ziehen. Opfervertreter | |
wie Jürgen Blache von der Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger | |
werfen ihm vor, er habe bei der Beurkundung von Geschäften nicht | |
ausreichend über Risiken aufgeklärt. "Man müsste das langsam mal der | |
Staatsanwaltschaft übergeben", sagte Blache Journalisten nach der | |
Ausschusssitzung. Anzeigen seien ihm bislang nicht bekannt. "Das wird aber | |
bestimmt bald passieren." | |
Der Senator selbst wies alle Vorwürfe zurück. Der Landgerichtspräsident, | |
der die Aufsicht über die Notare führt, die Notarkammer und "viele tausende | |
offensichtlich zufriedene Mandanten bestätigen, dass ich meine Tätigkeit | |
als Notar einwandfrei ausgeübt habe", sagte er. | |
Ausdrücklich wandte sich Braun gegen die Kritik, er habe nicht über Risiken | |
aufgeklärt: "Der Notar würde gegen die ihm auferlegte Neutralitätspflicht | |
verstoßen, wenn er sagen würde, dass sich das Geschäft nicht lohne." Braun | |
beteuerte, dass er stets gefragt habe, ob die Käufer den Vertrag bereits 14 | |
Tage lang vorliegen hatten. Er habe zudem gefragt, ob er oder sie die | |
Wohnung besichtigt habe. War die Antwort "Nein", habe er das festgehalten | |
und manchesmal bemerkt, er würde das nicht so machen. Er habe auch dazu | |
aufgefordert, ihn zu unterbrechen, wenn etwas unklar sei. Wenn Braun das | |
sage, "dann lügt er", sagte Schutzgemeinschaft-Vertreter Blache. Für ihn | |
ist Braun als Senator "ungeeignet, so ein Amt auszuüben". | |
Zu konkreten Fällen wollte Braun nichts sagen: Daran hindere ihn seine | |
notarielle Schweigepflicht. Wenn er allerdings davon entbunden würde, könne | |
er Auskunft geben. Der Senator lehnte es ab, die Dinge wie von | |
Grünen-Abgeordneten gefordert unter moralischen Gesichtspunkten zu | |
betrachten: "Wenn wir das Kriterium "moralisch" einführen, kommen wir in | |
eine ganz schwierige Situation. Das mündete in der deutschen Geschichte | |
meist in Willkür." | |
"Ich will nicht moralisieren", sagte auch der Linkspartei-Abgeordnete Klaus | |
Lederer. Auch einen vom Grünen Benedikt Lux angedrohten | |
Untersuchungsausschuss findet er falsch. Für Lederer, der Braun mit 15 | |
Fragen konfrontierte, ist entscheidend: Wann wusste Braun vom | |
Geschäftsgebaren mancher Immobilienfirmen? Hätte ihm klar sein müssen, was | |
da passierte? | |
Braun bestätigte, dass er von Abzockermodellen wusste. Über die zeitweise | |
im selben Gebäude wie seine Kanzlei ansässige und in Verruf geratene | |
Immobilienfirma Grüezi sagte er: "Ich kannte sie, wie ich jeden anderen im | |
Haus kenne." Weder mit Repräsentanten noch mit Mitarbeiten von Grüezi sei | |
er näher bekannt. | |
Der Grüne Dirk Behrendt - "wir sind nicht viel schlauer geworden" - | |
vermisste bei Braun "jegliche Empathie für die Betroffenen." Braun sah das | |
anders: Die Verbraucher bräuchten "kein Mitleid, sondern jemand, der ihnen | |
der Rücken stärkt. Was sie nicht brauchen, ist das Hervorzerren einzelner | |
Fälle." | |
7 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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