| # taz.de -- Stromquellen in Deutschland: Mehr Strom, dafür grüner | |
| > Nach dem Atomausstieg ermittelt die Bundesnetzagentur, welche Art von | |
| > Kraftwerken bis 2022 gebaut werden. Das Ergebnis übertrifft alle | |
| > Erwartungen. | |
| Bild: Der Anteil erneuerbarer Energien wird in Zukunft höher ausfallen als bis… | |
| BERLIN taz | Eine der großen Debatten zur Energiewende behandelt die Frage, | |
| wie viel neue Stromtrassen über Deutschlands Felder und Wälder gebaut | |
| werden müssen, um die grüne Energie zu den Verbrauchszentren zu bringen. | |
| Die Bundesnetzagentur hat dazu jetzt eine erste wichtige Entscheidung | |
| getroffen, mit dem sperrigen Namen "Szenariorahmen Netzausbau". Darin wird | |
| amtlich festgelegt, unter welchen Annahmen künftig Stromtrassen geplant | |
| werden. | |
| Erstes erstaunliches Ergebnis: Der Anteil erneuerbarer Energien wird höher | |
| ausfallen als bisher angenommen. "Nach einer ersten Abschätzung wird der | |
| Anteil der erneuerbaren Energien am Nettostromverbrauch bis 2022 bei etwa | |
| 50 Prozent liegen", bestätigte eine Sprecherin der taz. Eine genauere | |
| Analyse werde noch folgen, so die Sprecherin. | |
| Die Bundesregierung geht in ihren Gesetzentwürfen zur Energiewende vom | |
| Sommer von einem Anteil erneuerbarer Energien von mindestens 35 Prozent im | |
| Jahr 2020 und mindestens 50 Prozent im Jahr 2030 aus. | |
| Drei Szenarien hat die Netzagentur durchgerechnet: Eines mit einem | |
| niedrigen Zubau erneuerbarer Energien; ihr Anteil würde dann 2022 bei 44 | |
| Prozent liegen. Im Szenario mit starkem Zubau würde ihr Anteil sogar auf 58 | |
| Prozent steigen. Entsprechend höher oder geringer fällt der Ausbau fossiler | |
| Kraftwerke aus. | |
| Nach dem wahrscheinlichsten, dem mittleren, Szenario wird vor allem die | |
| Windkraft an Land schneller wachsen. Somit würden erneuerbare Energien im | |
| Jahr 2022 die Hälfte des Strombedarfs decken. Die installierte | |
| Erzeugungsleistung von Wind-, Wasser-, Sonnen- und Biomassestrom soll dann | |
| 129,8 Gigawatt betragen. Ende 2010 waren es 56,3 Gigawatt. | |
| ## Steinkohle ist "wenig attraktiv" | |
| Für konventionelle Kraftwerke sieht es dann schlecht aus: Investitionen in | |
| neue Steinkohlekraftwerke schätzt die Netzagentur als "wenig attraktiv" | |
| ein, weil sie in diesem Fall kaum Strom produzieren müssen. Selbst bereits | |
| geplante Kraftwerke lohnten sich nicht mehr. | |
| Zweite aus den Szenarien gewonnene Erkenntnis: Vor allem beim | |
| Stromverbrauch scheint Deutschland ein Problem zu bekommen. Nach dem | |
| Energiekonzept der Bundesregierung soll bis 2020 ungefähr10 Prozent weniger | |
| Strom verbraucht werden als heute. Das scheint Wunschdenken zu sein, weil | |
| immer mehr Bürger mit elektrisch betriebenen Wärmepumpen heizen und | |
| Elektroautos fahren sollen. | |
| Selbst ein konstanter Stromverbrauch sei "bei einem auch nur geringen | |
| Wirtschaftswachstum ein höchst ambitioniertes Ziel", schreibt die | |
| Bundesnetzagentur. In ihren Szenariorahmen sind Stellungnahmen aller | |
| wichtigen Akteure auf dem Energiemarkt eingeflossen: von Kraftwerks- und | |
| Netzbetreibern, Forschungseinrichtungen, Umweltorganisationen, Verbänden. | |
| Die dritte Erkenntnis lautet: Wie viele Stromleitungen es braucht und wo, | |
| weiß bislang noch niemand. Das ist umso erstaunlicher, als bei der | |
| Diskussion über die Energiewende stets eine Zahl als Argument gegen einen | |
| schnellen Umstieg auf regenerativen Strom genannt wurde: 3.600 Kilometer. | |
| So viele Höchstspannungsleitungen sind nach Angaben der Deutschen | |
| Energieagentur für die Energiewende nötig. Die Bundesnetzagentur eruiert | |
| als Nächstes, wo genau in Deutschland welche Kraftwerke geplant sind. In | |
| zwei Jahren soll der Bundestag einen Bedarfsplan verabschieden - mit den | |
| Trassen, die für alle drei Szenarien benötigt werden. | |
| Für die weitere Planung verspricht die Netzagentur eine breite Beteiligung | |
| der Bürger. In einer Sache gibt es aber kein Mitspracherecht: ob | |
| Netzbetreiber teure Erdkabel mit weniger Eingriffen in die Landschaft | |
| verwenden oder weithin sichtbare Freileitungen benutzen, gegen die es mehr | |
| Widerstand gibt. | |
| 7 Dec 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Ingo Arzt | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Atomkraft | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Mehr Demokratie beim Stromnetzausbau: Kabelkonsens per Gesetz | |
| Schnell, aber bitte demokratisch: Neue Stromtrassen sollen künftig mit mehr | |
| Bürgerbeteiligung errichtet werden. Für 24 bereits geplante Projekte ist | |
| das aber zu spät. | |
| Protest gegen Hochspannungsleitung: Bildungswutbürger unter Strom | |
| Rund 20 Bürgerinitiativen in Hessen und Niedersachsen wehren sich gegen | |
| eine neue Hochspannungstrasse. Sie fürchten Elektrosmog und fordern eine | |
| unterirdische Lösung. | |
| ADAC-Experte über Elektroautos: "Es muss sicher und bezahlbar sein" | |
| Christian Buric vom ADAC über Elektroautos als Alternative für Städter, | |
| Fahrzeugpreise und warum Menschen in Mietwohnungen im Zweifel im Nachteil | |
| sind. | |
| Umweltbilanz von Elektroautos: Öko nur gegen Aufpreis | |
| Der Opel Ampera ist das erste deutsche Elektroauto für den Alltag. Ein neus | |
| Gutachten zeigt aber: Ohne Ökostrom sind Elektroautos eine Klimabelastung. | |
| Energiewende selbst organisiert: Windräder bitte in meinem Garten | |
| "Nur die eigenen Schweine stinken nicht", heißt es. In Nordbayern bauen | |
| BürgerInnen vor der eigenen Haustür ihre eigenen Solar-, Biogas und | |
| Windkraftanlagen. | |
| Deutschland exportiert weiterhin Strom: Statistik widerlegt Atomlobby | |
| Trotz des Atomausstiegs bleibt Deutschland ein Stromexporteur. Und am | |
| Strommarkt sind die Preise nicht höher als vor der Katastrophe in | |
| Fukushima. | |
| Kommentar Energiewende: Schneller, besser, grüner | |
| Erneuerbare Energiequellen könnten 2022 bereits die Hälfte des Stroms | |
| liefern. Damit wären Pläne für Kohlekraftwerke über die bereits in Bau | |
| befindlichen hinaus unnötig. | |
| Neuer Präsident der Bundesnetzagentur: Röslers Wunschkandidat | |
| Über die Besetzung dieses Spitzenpostens war lange spekuliert worden. Nun | |
| soll ein parteiloser Experte an die Spitze der Bundesnetzagentur rücken. | |
| Nachhaltige Energie: Die Kraft der Weser | |
| Jahrelang wollten die Bremer Stadtwerke keinen Neubau eines | |
| Weserkraftwerkes. Gebaut wurde es trotzdem: Am Mittwoch war Turbinenstart. | |
| Teilrückkauf der Netze: Vernetzt mit Konzernen | |
| Hamburg kauft ein Viertel der Leitungen für Strom, Gas und Fernwärme | |
| zurück. Gaskraftwerk und Energiespeicher sollen Moorburg-Trasse nach Altona | |
| ersetzen. | |
| KOMMENTAR NETZ-TEILRÜCKKAUF: Vertrag mit Fragezeichen | |
| Der Vertrag über die Netzbeteiligung ist nicht das Ende der Diskussion um | |
| Hamburgs energiepolitische Zukunft. Er ist ihr Neuanfang. |