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# taz.de -- Neuer Job für zu Guttenberg: "Suche Talente, keine Heiligen"
> Exminister zu Guttenberg wird EU-Berater. Ausgerechnet für die Freiheit
> des Internets. "Das kann er", wird EU-Kommissarin Neelie Kroes nicht müde
> zu betonen.
Bild: Karl Theodor zu Guttenberg wird EU-Berater: auf der Pressekonferenz mit E…
Karl Theodor zu Guttenberg bringt Glanz in die Hütte - sogar in den tristen
Pressesaal der Europäischen Kommission in Brüssel: Selten waren da so viele
Kameras und Fotografen zugegen wie gestern, als der ehemalige Doktor
gemeinsam mit der EU-Kommissarin für Internet, Neelie Kroes, aufs Podium
trat.
Im dunklen Anzug und mit gelber Krawatte stand er da und war sichtlich froh
darüber, dass ihn endlich mal wieder jemand lobte. "Ich habe Karl Theodor
um Hilfe gebeten. Er ist in der Lage, die Freiheit des Internets zu
verteidigen", sagte die niederländische Kommissarin Kroes.
Der ehemalige deutsche Verteidigungs- und Wirtschaftsminister hat von ihr
einen neuen Job bekommen, wenn auch nur einen ehrenamtlichen: Er soll der
Europäischen Kommission helfen, ein Programm zu erarbeiten, das für mehr
Internetfreiheit in Diktaturen und totalitären Staaten sorgen soll. "Ich
bin auf der Suche nach Talenten, nicht nach Heiligen. Auch ich habe aus
meinen Fehlern mehr gelernt als aus meinen Erfolgen", verteidigte die
EU-Kommissarin ihre Wahl.
Vor der Sommerpause habe sie ihn angerufen und um seine Unterstützung für
das Projekt gebeten. Die EU-Kommission will zum Beispiel Bloggern helfen,
die bedroht werden oder deren Publikationen der Zensur zum Opfer fallen.
Spezielle Software-Pakete sollen dabei helfen. Die Kommission will außerdem
europäische Firmen dazu auffordern, keine Spionage-Software mehr an
autoritäre Regime zu verkaufen.
Ob zu Guttenberg da ihr richtiger Mann ist, ist allerdings fraglich: In
seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister soll er deutsche Firmen beim Export
von ebensolcher Spionagesoftware mit Bürgschaften unterstützt haben - die
Lieferungen gingen unter anderen in den Nahen Osten.
## EU-Kommission rehabilitiert zu Guttenberg
Darüber wurde aber am Montag in Brüssel nicht gesprochen. Stattdessen sagte
Kroes, sie hoffe, dass Guttenberg ihre Initiative vor allem bei Partnern in
den USA promotet, wo der Deutsche mittlerweile lebt, Allianzen schmiedet.
"Das kann er", sagte die Kommissarin. Angst, dass einer, der seine gesamte
Glaubwürdigkeit in seinem Heimatland verspielt hat, auch bei solchen
Gesprächen nicht sonderlich viel Durchsetzungskraft haben wird, hat sie
offenbar nicht.
Aber vielleicht ist ihr das auch gar nicht so wichtig. Vielleicht geht es
mehr darum, den Karl Theodor, wie sie ihn immer wieder nannte, zu
rehabilitieren.
Die EU-Kommission kennt die Familie zu Guttenberg schon seit Längerem: Die
Behörde förderte 2008 und 2009 Initiativen, die sich für Internetsperren
von Seiten mit kinderpornografischen Inhalten einsetzen. Darunter auch der
Verein "Innocence in Danger" - und dessen Präsidentin ist zu Guttenbergs
Frau Stephanie. Während also die eine für mehr Kontrolle im Netz kämpft,
soll nun der andere mehr Freiheit erstreiten - beide sozusagen im Auftrag
der Europäischen Kommission.
Guttenberg sieht darin keinen Widerspruch: "Ich habe großen Respekt für
Beschränkungen, wenn es um Kinderpornografie geht. Aber damit hat diese
Initiative hier nichts zu tun." Stimmt. Nur blöd, dass sich kaum einer für
das neue Projekt interessiert, sondern nur für die Rolle von Guttenberg.
Die Luft im Pressesaal war zum Zerreißen gespannt, als die erste Frage von
einer deutschen Journalistin kam: Ob es nicht besser gewesen wäre, sich
einen Politiker mit einem besseren Ruf auszusuchen als Herrn zu Guttenberg?
Ein Raunen ging durch die Menge. Karl Theodor schluckte. Die Kommissarin
blieb gelassen: "Ich brauche jemanden wie ihn. Im Übrigen möchte ich hier
über die Sache reden. Über nichts anderes."
Die Journalisten wollten aber lieber über die Brüsseler Karriere des
ehemaligen Verteidigungsministers sprechen. Sogar der Fernsehsender RTL,
der sich sonst kaum für EU-Politik interessiert, war extra aus Berlin
angereist, um den Auftritt zu verfolgen. Aber sie wurden enttäuscht: Nach
gerade einmal 30 Minuten Pressekonferenz verschwand der frisch gebackene
EU-Berater ganz schnell durch die Hintertüre, ohne auch nur eine einzige
Frage vor den Fernsehkameras zu beantworten.
12 Dec 2011
## AUTOREN
Ruth Reichstein
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