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# taz.de -- Eine Ära geht zu Ende: Der letzte Zivi
> Am Donnerstag ist nach über 50 Jahren Schluss mit dem Dienst für
> Kriegsdienstverweigerer. Matthias Schmitt ist einer der letzten
> Zivildienstleistenden.
Bild: Einer der letzten Zivildienstleistenden: Matthias Schmitt in der Diakonie…
Das war's: Ein letztes Mal formt Matthias Schmitt mit behinderten Menschen
Kartonagen zu Verpackungsmaterial. Ab morgen kann er ausschlafen. Der
20-Jährige gehört zu den letzten seiner Art - er ist Zivildienstleistender
in der Diakoniewerkstatt in Neckarau. Am Donnerstag verlassen die letzten
824 Zivis ihre Dienststellen.
Damit endet eine Ära. In über 50 Jahren haben die insgesamt knapp 2,8
Millionen jungen Männer über vier Millionen Jahre "Dienst an der
Gesellschaft" geleistet.
Als an einem Montagmorgen im April 1961 die ersten 340
"Ersatzdienstleistenden" ihren Job begannen, war diese Erfolgsgeschichte
nicht absehbar. Sie wurden belächelt, als "Drückeberger" beschimpft. Zwar
konnten sie sich zur Kriegsdienstverweigerung aufs Grundgesetz berufen,
doch war dies eine anstrengende Prozedur.
Bis in die 80er gab es mündliche Gewissensprüfungen: "Sie und ihre Kinder
werden überfallen. Sie haben ein Messer. Würden Sie …?" Bloß keine falsche
Antwort geben. Zudem existierten kaum Einrichtungen, die Zivis aufnahmen,
die Anerkennung war gering.
## Einblicke in andere Lebenswelten
Schmitt jedoch bekam viel Zuspruch. Mit den Jahren hat sich einiges
geändert. Ein Bundesamt für den Zivildienst entstand. Die gesellschaftliche
Anerkennung stieg ebenso an wie die Zahl der Zivis: 2002 gab es über
135.000.
Mit dem im März verabschiedeten Gesetz zur Aussetzung der Wehrpflicht endet
nun der "Ersatzdienst", der doch viel mehr war als ein Ersatz. Männer übten
sich in klassischen Frauenberufen, was ihnen Einblicke in andere Welten
eröffnete. Der Zivildienst schulte die soziale Verantwortung und ließ die
Persönlichkeit reifen.
Auch die Einrichtungen profitierten. "Jetzt kann nicht mehr alles gemacht
werden, was vorher mit den Zivis möglich war", sagt Claudia Beck,
Sprecherin des Caritasverbands.
Das Freiwillige Soziale Jahr bleibt zwar bestehen, seit Juli existiert auch
der "Bundesfreiwilligendienst". Doch dort gibt es nur halb so viele Stellen
wie bei den Zivis.
Schmitt trauert dem Zivildienst hinterher. "Ich habe Einblicke in andere
Lebenswelten bekommen. Das hat mich sehr bereichert." Nun will er Soziale
Arbeit studieren.
15 Dec 2011
## AUTOREN
Timo Reuter
## TAGS
Wehrpflicht
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