Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kommen die sozialen Einrichtungen ohne Zivis aus?: Wenn der Zivi ni…
> Seit Juli ist neben dem Wehrdienst auch der Zivildienst ausgesetzt.
> Bremer Einrichtungen beklagen das kaum, sie setzen auf Freiwillige oder
> auf eigene Angestellte.
Bild: Noch ist er da: Zivi Henry Blume (links) bei der Mercedes-Zulieferprodukt…
Vor dem Kiosk im Eingangsbereich der Werkstatt des Martinshofes in
Woltmershausen drängt sich eine Traube Menschen. In den Produktionshallen
ist Pause. Henry Blume steht hinter dem Tresen. Er ist
Zivildienstleistender in der Behindertenwerkstatt und müsste eigentlich gar
nicht mehr da sein. Denn zum 1. Juli wurde mit der Wehrpflicht auch der
Zivildienst ausgesetzt, seit dem 1. Januar wird kein Zivi mehr zwangsweise
eingezogen.
Henry Blume begann seinen Dienst im Februar. Das Bundesamt für Zivildienst
schickte ihm vorher noch einen Brief, ob er überhaupt antreten wolle. "Aber
nach meiner Lehre zum Bürokaufmann wollte ich mal etwas ganz anderes
machen", sagt er. Die Arbeit mit Menschen mit Behinderung gefiel ihm so
gut, dass er seinen Dienst bis Ende Dezember verlängerte, dem
letztmöglichen Dienstende für Zivildienstleistende überhaupt.
Ein Glück für die Produktionsstätte, denn nach ihm wird kein Zivi mehr
kommen. Für die Werkstätten Bremen waren bislang insgesamt 38
Kriegsdienstverweigerer im Einsatz, dazu sechs junge Menschen, die ein
Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) absolvierten. In Zukunft werden die
FSJ-Stellen auf 32 aufgestockt. Nicht ganz so viele Kräfte wie vorher, aus
Kostengründen: Die Zivis bekamen ihren Sold vom Bundesamt, die Einrichtung
zahlte einen Anteil, rund 400 Euro. FSJler hingegen kosten die
Einsatzstelle 700 Euro.
Etwas günstiger wäre der Bundesfreiwilligendienst (BFD). Der ist vom Bund
als Nachfolge für den Zivildienst erdacht worden. Für die Freiwilligen
besteht kaum ein Unterschied zum FSJ, außer dass der BFD auch für ältere
Menschen offen ist. Noch sind jedoch nicht alle Formalitäten eindeutig
geklärt. Etwa, ob Kindergeld weitergezahlt wird. Es gibt kaum
BewerberInnen, auch bei vielen Einrichtungen herrscht noch Unsicherheit.
Die Diakonie wird in Bremen darum nur aufs FSJ setzten und zu den
bisherigen 100 Stellen 50 weitere schaffen. Nicht, um den Zivildienst zu
ersetzen, so ein Diakoniesprecher, sondern weil die Nachfrage so hoch sei.
Auch der Soziale Friedensdienst (SFD) wird ab Sommer 210 statt bisher 150
FSJler betreuen und an soziale Einrichtungen in Bremen vermitteln.
BewerberInnen gibt es genug. SFD-Geschäftsführer Andreas Rheinländer
schätzt, dass sich etwa 30 Prozent der verhinderten Zivildienstleistenden
nun für einen freiwilligen Dienst entscheiden. "Wir haben mehr Männer als
vorher", so Rheinländer. Mit den Freiwilligen nun überall die Zivis zu
ersetzen, hält er für problematisch. "Der Freiwilligendienst soll ein
Bildungsjahr sein und ist daran orientiert, dass ein junger Mensch sozial
etwas sinnvolles macht." Nicht alle Zivi-Stellen hatten jedoch diesen
Charakter.
Im Krankenhaus Diako wurden deshalb neue Leute eingestellt. In der Bremer
Heimstiftung wird die Arbeit der Zivis durch die Angestellten übernommen.
Auch in den Krankenhäusern der Gesundheit Nord werden PatientInnen nun vom
Klinikpersonal hin und her geschoben. "Mit den Zivis geht auch ein Stück
Unternehmenskultur verloren", so ein Sprecher des Klinikverbunds Gesundheit
Nord.
1 Jul 2011
## AUTOREN
Jean-Philipp Baeck
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.