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# taz.de -- Klimawandel in Deutschland: Erst die Dürre, dann die Flut
> Noch vor wenigen Jahren fürchtete man in Deutschlands Nordosten Dürren.
> Es kamen Überschwemmungen. Eine Herausforderung für die
> Gewässerwirtschaft.
Bild: Das ist keine Hallig, sondern ein im Januar 2011 vom Elbhochwasser einges…
BERLIN taz | In vielen Regionen Ostdeutschlands ist "Versteppung" zum
Unwort geworden - mit dem Begriff warnten Wissenschaftler vor den Folgen
des Klimawandels. Fürchteten sich die Menschen lange Zeit vor mehr Dürren
im Sommer, wie es sie in den nuller Jahren mehrfach gab, so sind es nach
zwei verregneten Sommern mit starken Überschwemmungen die ungebändigten
Wassermassen, die Angst verbreiten.
Die Gewässerwirtschaft, die beide Wetterextreme in den Griff kriegen muss,
stellt das vor große Herausforderungen, auch finanziell. "Der Klimawandel
ist nicht nur ein Wort", sagt Kurt Augustin vom Brandenburger
Umweltministerium. Beide Extreme, Dürren und Hochwasser, könnten künftig
häufiger auftreten. "Darauf müssen wir vorbereitet sein."
In der Tat wirken die Wetterkapriolen der vergangenen Jahre wie Vorboten
auf das, worauf sich die Menschen einstellen müssen, vor allem nordöstlich
der Elbe. Extrem trockene und heiße Sommer 2003 und 2006 führten dazu, dass
Ackerfrüchte verdorrten und der Wasserspiegel vieler Seen stark sank. Im
vergangenen und in diesem Jahr dann das andere Extrem: Regen, Regen,
nochmals Regen. Kleine Flüsse traten über die Ufer, Siedlungen und
Zeltplätze standen wochenlag unter Wasser.
In Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg fiel in diesem Jahr nach
Angaben des Deutschen Wetterdienstes verbreitet das Dreifache, örtlich
sogar das Vierfache des für Juli durchschnittlichen Niederschlags. So kamen
in Barth allein im Juli enorme 291 Liter pro Quadratmeter herunter, das
sind 419 Prozent des Durchschnitts.
## Automatisiertes Wassermanagement
Noch heute sind die Grundwasserstände vielerorts deutlich erhöht. Unter
anderem im Oderbruch, rund 50 Kilometer östlich von Berlin. Das fruchtbare
Gebiet, das im 18. Jahrhundert eingedeicht und trockengelegt wurde, hatte
seit dem Sommer 2010 Probleme. Monatelang konnte das Regenwasser nicht
abfließen, was große Schäden auf Feldern und an Gebäuden verursachte.
Im September 2010 richtete das Land Brandenburg deshalb eine Arbeitsgruppe
ein. Im Spätherbst dieses Jahres stellte Umweltministerin Anita Tack
(Linke) 2,3 Millionen Euro für ein automatisiertes Wassermanagement zur
Verfügung; davon werden etwa Pegelsonden, Regenmesser und Funkserver
bezahlt.
"Vor dem Hintergrund des Klimawandels und damit verbundener Trockenperioden
einerseits und zunehmenden Hochwasserereignissen andererseits steigen die
Anforderungen an die Steuerung des Wasserhaushaltes im Oderbruch", so Tack.
Nun könne man flexibel auf schwankende Grund- und Oberflächenwasserstände
reagieren.
Das wasserwirtschaftliche System des Oderbruchs wird mit 36 Schöpfwerken
und rund 300 Stauanlagen geregelt. Störungen wurden oft erst erkannt, wenn
Bauern nasse Felder oder trockene Gräben als Auswirkungen falscher
Steuerung anzeigten. Das soll nun besser werden.
## Möglichst naturnahe Fließgewässer
Für den Brandenburger Linken-Agrarpolitiker Michael Luthardt ist dennoch
klar, dass im Oderbruch künftig "nicht mehr jede Fläche landwirtschaftlich
nutzbar" sei. Dafür sei der Pumpaufwand zu hoch. Für die Bauern hat er eine
Idee: Ihre feuchten Brachen könnten ökologische Vorrangflächen werden -
gefördert von der EU, die ihre Agrarsubventionen ab 2014 neu regelt.
Neben den großen Flüssen will sich Brandenburg auch mehr um Schutzmaßnahmen
an kleinen Flüssen kümmern - nicht immer zur Freude von Naturschützern. "In
der Lausitz gab es alte Deiche, die wir vor lauter Bäumen gar nicht sehen
konnten", sagt Augustin vom Brandenburger Umweltministerium. "Aber wenn wir
die Bäume fällen wollen, damit der Deich zugänglich und pflegbar wird,
hagelt es Protest." Wichtig sei aber auch, mehr Retentionsflächen zu
schaffen. "Wir brauchen möglichst naturnahe Fließgewässer."
Auch in Mecklenburg-Vorpommern hat man Lehren aus den Überschwemmungen des
Sommers gezogen. Das Gewässerbett von Flüssen müsse zur Sicherung eines
ordnungsgemäßen Abflusses erhalten werden, fordert Landesumweltminister
Till Backhaus (SPD). Gleichzeitig müsse die ökologische Funktionsfähigkeit
der Gewässer gefördert werden. Die beiden Ziele seien nicht unvereinbar,
sondern müssten durch Kompromisse in Einklang gebracht werden.
21 Dec 2011
## AUTOREN
Richard Rother
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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