# taz.de -- Billige Brustimplantate in Frankreich: Zahl der Krebsfälle steigt | |
> Die Zahl der Krebserkrankungen bei Frauen mit Billig-Brustimplantaten ist | |
> auf 20 gestiegen. Ob ein direkter Zusammenhang mit dem Betrugsskandal | |
> besteht, ist unsicher. | |
Bild: Möglicherweise krebserregend: die nicht zugelassenen Silikonkissen von P… | |
PARIS dpa | Die Zahl der Krebserkrankungen unter Frauen mit | |
Billig-Brustimplantaten des französischen Herstellers PIP ist höher als | |
bislang bekannt. Nach jüngsten Angaben der Aufsichtsbehörde Afssaps wurden | |
bis zum 28. Dezember 20 Fälle registriert. Bislang waren nur neun bekannt | |
gewesen. | |
Die Afssaps betonte allerdings erneut, dass bislang kein Zusammenhang | |
zwischen Tumorentstehung und den nicht zugelassenen Billig-Implantaten | |
bewiesen sei. Von den 20 betroffenen Frauen erkrankten 15 an einem | |
Adenokarzinom in der Brust und 3 an Lymphdrüsenkrebs. Zudem trat ein | |
Lungenkrebsfall und ein Leukämiefall auf. Insgesamt 1143 Frauen haben laut | |
der jüngsten Zahlen bereits gerissene PIP-Implantate gemeldet. Bei 495 | |
Betroffenen seien Entzündungen aufgetreten. 672 Frauen haben sich | |
PIP-Silikonkissen bereits wieder herausnehmen lassen. | |
Frankreichs nationale Krankenkasse Cnam erstattete wegen des Skandals | |
Strafanzeige wegen schweren Betrugs. Die bereits angekündigte Anzeige sei | |
bei der Staatsanwaltschaft in Marseille eingegangen, bestätigte ein | |
Behördensprecher am Freitag. Sie werde gemeinsam mit bereits laufenden | |
Ermittlungsverfahren bearbeitet. | |
Im Visier der Justiz ist vor allem der Gründer des 2010 pleitegegangenen | |
französischen Unternehmens Poly Implant Prothèse (PIP), Jean-Claude Mas. Er | |
hat über seinen Anwalt bereits zugegeben, aus Kostengründen für die | |
Produktion von Brustimplantaten nicht zugelassenes Silikon verwendet zu | |
haben. Der Kunststoff soll allerdings ungiftig gewesen sein. | |
## Krankenkasse hofft auf Schadenersatz | |
In einer beispiellosen Aktion hatte die Regierung in Paris Ende der | |
vergangenen Woche 30.000 französischen Frauen eine vorsorgliche Entfernung | |
ihrer PIP-Brustimplantate empfohlen. Weltweit sollen zwischen 400.000 und | |
500.000 Frauen minderwertige Silikonkissen des Herstellers tragen. Die | |
genaue Zahl der in Deutschland Betroffenen ist bislang unbekannt. | |
Die französische Krankenkasse Cnam erhofft sich von den Ermittlungen | |
Aussichten auf Schadensersatz. Die Sozialversicherer rechnen damit, dass | |
die Entfernung der minderwertigen Brustimplantate in Frankreich bis zu 60 | |
Millionen Euro kosten könnte. Miteingerechnet sind Ersatzimplantate für | |
frühere Brustkrebspatientinnen oder Unfallopfer, nicht aber für | |
Patientinnen von Schönheitsoperationen. | |
Unterdessen wurde bekannt, dass zwei Kinder des PIP-Gründers Mas noch im | |
Sommer die Absicht hatten, eine neue Silikonkissen-Produktion aufzubauen. | |
Beim Handelsgericht in Toulon sei im Juni das Unternehmen France Implant | |
Technologie (FIT) eingetragen worden, berichtete die Tageszeitung | |
"Nice-Matin". Vater Jean-Claude sei als kaufmännisch-technischer Berater | |
vorgesehen gewesen. | |
30 Dec 2011 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wegen fehlender Kaution: PIP-Gründer in Haft | |
Der frühere Geschäftsführer des Brustimplantate-Herstellers PIP wurde wegen | |
einer ausgebliebenen Kautionszahlung inhaftiert. Die Firma steht im Zentrum | |
des Skandals um Billig-Silikonkissen. | |
Silikon und Ideale: Busen, Natur und Vernunft | |
Ärzte, Zertifikate und Hersteller von Brustimplantaten – alle werden | |
kritisiert, nur die Schönheitsideale nicht. Schönheit, Emanzipation und | |
Gesundheit können einander ausschließen. | |
Betrug mit Brustimplantaten: Mehr Kontrolle fürs Silikon | |
Um Medizinprodukte besser zu überwachen, müsste es ein EU-weites Gesetz | |
geben. Nun schlagen Medizinprüfer einen Gesetzestrick für Deutschland vor. | |
Skandal um Silikonimplantate: Schönheit ohne Qualitätssiegel | |
Die nationalen Kontrollinstanzen haben bei der französischen Firma PIP | |
versagt. Nun soll die EU ein neues Zertifizierungssystem für | |
Silikonimplantate erfinden. | |
Folgen aus dem Silikon-Skandal: Qualitätssiegel mit Risikofaktor | |
Ob Hüftprothesen, künstliche Kniegelenke oder Silikoneinlagen: | |
Medizinprodukte brauchen keine staatliche Zulassung. Nach dem Skandal | |
schweigen die Verantwortlichen. | |
Kommentar Brustimplantate: Implantate? Krebs? Geschenkt! | |
In Deutschland fällt den Verantwortlichen nach dem Skandal um die | |
Brustimplantate nur eins ein: Die Schuld auf die Frauen abzuschieben. Das | |
ist pure Verachtung. | |
Silikon-Skandal in Frankreich: Der Albtraum vom schönen Busen | |
30.000 Frauen in Frankreich sollen zum zweiten Mal unters Messer – um sich | |
vorsorglich das Billigsilikon einer umstrittenen Firma herausoperieren zu | |
lassen. |