# taz.de -- Silikon-Skandal in Frankreich: Der Albtraum vom schönen Busen | |
> 30.000 Frauen in Frankreich sollen zum zweiten Mal unters Messer – um | |
> sich vorsorglich das Billigsilikon einer umstrittenen Firma | |
> herausoperieren zu lassen. | |
Bild: Bevor es knallt: Raus mit den Implantaten. | |
PARIS/DUBLIN taz | Der französische Gesundheitsminister Xavier Bertrand hat | |
am Freitag rund 30.000 Frauen mit Brustprothesen der Firma Poly Implant | |
Prothèse (PIP) empfohlen, sie operativ entfernen zu lassen. Bertrand | |
betonte, dass es sich dabei um eine reine Vorsichtsmaßnahme ohne | |
Dringlichkeit handele. | |
Er zitierte das Nationale Krebsinstitut INCA in Frankreich, wonach es beim | |
derzeitigen Stand keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen diesen | |
Brustimplantaten und neun Krebsfällen unter betroffenen Patientinnen gebe. | |
Allerdings bestehe ein hohes Risiko, dass die Implantate platzten, was zu | |
gefährlichen Entzündungen führen könnte, hieß es. | |
Bertrand kündigte an, dass die Kosten die staatliche Krankenversicherung | |
übernehmen werde. Für Ersatzimplantate, die ausschließlich aus | |
Schönheitsgründen eingesetzt wurden, müssten die Patientinnen allerdings | |
selbst aufkommen. Der Verbandsvorsitzende der französischen | |
Schönheitschirurgen, Jean-Claude Guimberteau, gab an, dass sich rund ein | |
Drittel der Betroffenen bereits mit ihren zuständigen Ärzten in Kontakt | |
gesetzt oder sich sogar bereits einem erneuten Eingriff zum Austausch der | |
Implantate unterzogen hätte. | |
Nun ist ein Streit über die Frage entbrannt, wie es dazu kommen konnte, | |
dass ein Unternehmen mit minderwertigen Prothesen die Gesundheit von Zehn- | |
oder Hunderttausenden von Frauen aufs Spiel setzen konnte. Die Zeitung 20 | |
minutes fand heraus, dass Firmengründer Jean-Claude Mas keine | |
Fachausbildung besitzt. Er sei von Beruf Fleischer. | |
## Kein erhöhtes Krebsrisiko | |
Die britischen Gesundheitsbehörden teilten mit, dass es gegenwärtig keinen | |
Anlass für eine ähnliche Empfehlung wie die der französischen gebe. | |
Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko fänden sich nicht, und deshalb sei es | |
nicht notwendig, die PIP-Brustimplantate zu entfernen, gab die britische | |
Behörde MHRA (Medicines and Healthcare products Regulatory Agency), die für | |
die Überprüfung medizinischer Produkte zuständig ist, bekannt. Anders als | |
in Frankreich, wo 5 Prozent der PIP-Implantate geplatzt sind, sei es in | |
Großbritannien lediglich 1 Prozent. Frauen, die sich dennoch Sorgen | |
machten, sollten sich an ihren Chirurgen wenden. | |
In Großbritannien haben sich rund 40.000 Frauen PIP-Brustimplantate | |
einpflanzen lassen. 270 von ihnen wollen gegen die Kliniken klagen, die die | |
Eingriffe vorgenommen haben. Da PIP nicht mehr existiere, könne man die | |
Firma nicht verklagen, sagte Mark Harvey, der Anwalt der Frauen. Deshalb | |
halte man sich an die Kliniken. | |
Harvey erhob außerdem schwere Vorwürfe gegen MRHA. Die Behörde habe seine | |
Hinweise auf die schadhaften Implantate vor 18 Monaten nicht ernst | |
genommen. Im Jahr 2000 hat die Behörde zwar die Einfuhr der | |
Hydrogelimplantate von PIP verboten, weil die langfristige Sicherheit | |
aufgrund fehlender Daten und methodischer Fehler nicht gewährleistet war, | |
doch PIP exportierte weiter nach Großbritannien. Nachdem einigen Frauen von | |
britischen Gerichten Schadenersatz wegen fehlerhafter Implantate | |
zugesprochen wurde, weigerte sich PIP zu bezahlen. | |
In Deutschland sind die PIP-Produkte nach Angaben des | |
Bundesgesundheitsministeriums seit April 2010 verboten. Ärzte wurden aber | |
aufgefordert, sich zu melden, sollten sie diese Implantate dennoch | |
verwendet haben. | |
23 Dec 2011 | |
## AUTOREN | |
R. Balmer | |
R. Sotschek | |
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