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# taz.de -- VORAUSEILENDER JAHRESRÜCKBLICK: So wird's gewesen sein!
> Sturmflut, Neuwahl, Bundeswehruni: 2012 überschlagen sich die Ereignisse.
> Die taz als Orakel von der Schlachte war vorausschauend dabei
3. Januar: Als erster CDU-Landesverband gehen die Bremer
ChristdemokratInnen auf deutliche Distanz zu Christian Wulff. "Ein
Bundespräsident muss auch im Zinsrechnen firm sein", erklärt die neue
Landeschefin Rita Mohr-Lüllmann. Während sich Wulff beim 1,2-Prozent-Kredit
der BW-Bank ausreichend clever gezeigt habe, stelle der vorausgegangene
4,0-Prozent-Privatkredit dem jetzigen Staatsoberhaupt ein mathematisches
Armutszeugnis aus. Mohr-Lüllmann betont: "Auch ein Präsident muss rechnen
können und so seiner Vorbildfunktion gegenüber der Jugend gerecht werden."
5. Januar: Eine riesige Sturmflut sucht in der Nacht zum 6. Januar
Bremerhaven heim. Die Innenstadt geht unter, doch immerhin bleiben Teile
der neuen Skyline erhalten: Einige Stockwerke des
Atlantic-Sail-City-Hotel-Towers liegen nach wie vor über Normalnull, auch
das benachbarte Klimahaus bleibt als Schwimmkörper über der Oberfläche.
7. Januar: Mohr-Lüllmann untermauert ihre Rücktrittsforderungen an Wulff
mit Hinweis auf dessen Tilgungsverzicht beim Privatkredit. "Wer nur Zinsen
zahlt, statt seine Schulden auch tatkräftig zu verringern, taugt nicht als
Vorbild." Gerade aus Bremer Sicht sei es nicht hinnehmbar, wenn sich der
Staat eine rigide Schuldenbremse verordne, dessen Oberhaupt am persönlichen
Schuldenabbau jedoch offenbar desinteressiert sei.
17. Januar: Die Linkspartei bringt eine Dringlichkeitsanfrage nach dem
Deichschutz in die Bürgerschaft ein. Der Senat betont in seiner Antwort,
Bremen liege "exakt 5,5 Meter" höher als die einstige Schwesterstadt.
Entsprechend geringer sei der Handlungsbedarf.
18. Januar: Oldenburg meldet "Land unter". Die Linkspartei bringt eine
Dringlichkeitsanfrage nach dem Deichschutz ein. Der Senat betont, Bremen
liege mit elf Meter über Normanull "fast exakt um Faktor drei" über der
Oldenburger Seehöhe.
21. Januar: Niedersachsens Ministerpräsident McAllister spricht in einem
Interview davon, dass Bremen auch als "Ein-Städte-Staat" durchaus Teil
eines gemeinsamen Nordstaates werden könne. Der MP fügt hinzu: "Der
gemeinsame Wilhelmshavener Tiefwasserhafen dürfte aus Bremer Sicht nun
weiter an Bedeutung gewonnen haben."
19. Februar: Wulff tritt zurück. Rita Mohr-Lüllmann spricht von einem
"offensichtlich gestiegenen Gewicht" der Bremer CDU auf Bundesebene.
20. Februar: Das Präsidium der Bundes-SPD berät über einen Kandidaten für
die Wulff-Nachfolge. Dabei fällt dem Vernehmen nach auch der Name des
Bremer Bürgermeisters.
21. Februar: In einem Interview mit dem Center-TV, das am kommenden Tag
wortgleich im Weser-Kurier abgedruckt wird, erklärt Böhrnsen: "Mein Platz
ist in Bremen." Gerüchten zufolge ist vor allem Böhrnsen-Sprecher Hermann
Kleen gegen den Wechsel nach Berlin. "Schloss Bellevue ist ein gefährliches
Pflaster, nicht zuletzt für dessen Sprecher", erklärt Kleen.
1. März: Der Beirat Vahr beschließt, die Loignystraße nach einem
(mittlerweile schon vor einiger Zeit) verstorbenen deutschen Humoristen zu
benennen. "Der Klang des Straßennamens ist bereits recht ähnlich", erklärt
Ortsamtsleiterin Karen Matthes, "die Anwohner müssten sich kaum
umgewöhnen."
8. März: In einem anonymen Schreiben an die Bremer Medien wird Rita
Lohr-Müllmann beschuldigt, ihre pharmakologische Doktorarbeit "in weiten
Teilen" abgeschrieben zu haben. Das anonyme Schreiben weist die
Besonderheit einer notariellen Beglaubigung auf.
11. März: Der Beirat Schwachhausen schlägt vor, die Lortzingstraße in
Loriotstraße umzubenennen. "Der Klang des Straßennamens ist bereits recht
ähnlich", erklärt Ortsamtsleiterin Karen Matthes, "die Anwohner müssten
sich kaum umgewöhnen."
1. April: Uni-Rektor Scholz-Reiter gibt bekannt, dass die Bremer
Universität den Status einer Bundeswehr-Hochschule anstrebe.
2. April: Scholz-Reiter erklärt, seine Erklärung sei kein Aprilscherz. Mit
der geplanten Umstrukturierung reagiere man auf die prekäre Haushaltslage,
die künftige Verbund-Forschung mit anderen Bundeswehr-Hochschulen schärfe
das naturwissenschaftlich-technische Profil. Zudem erübrige sich die
Diskussion um "interpretatiosnbedürftige Spezialklauseln" der bisherigen
Uni-Verfassung.
5. April: Der Asta der Universität verwahrt sich gegen etwaige
Sandsack-Einsätze der Studierenden. "Auch als Angehörige einer
Bundeswehr-Uni wären wir nicht bereit, im sogenannten Zivilschutz
quasi-militärische Funktionen zu übernehmen."
6. Mai: Torsten Albig gewinnt für die SPD die Landtagswahlen in
Schleswig-Holstein. Damit ist die Bundesratsmehrheit von CDU und FDP
gekippt.
16. Mai: Auf dem Bahnhofsvorplatz beginnen die Ausschachtungsarbeiten für
das gedoppelte Büro- und Hotelhochhaus samt Sichtgasse zwischen Hochstraße
und Bahnhof. Ortsamtsleiter Bücking spricht von einem "wegweisenden Signal
für die Zukunft der Bahnhofsvorstadt", "Piraten" und "Linke" kleben Plakate
mit dem Slogan "Grüner Beton ist auch nicht besser".
8. Juni: Böhrnsen wird zum Bundespräsidenten gewählt. Karoline Linnert
übernimmt kommissarisch die Aufgaben einer Präsidentin des Senats.
3. Juli: Auf dem Bahnhofsvorplatz stocken die Bauarbeiten, ohne dass dafür
ein offizieller Grund genannt wird. Die Absperrgitter werden mit
Sichtschutz-Planen verhängt.
5. Juli: Die taz enthüllt: Der Stadtarchäologe ist in der Baugrube des
Bahnhofvorplatzes auf phönizische Keramikreste gestoßen. Zum Fundkontext
sollen auch Splitter eines Elefantenstoßzahns gehören.
6. Juli: "Bild" titelt: "War Hannibal in Bremen?"
8. Juli: Das Bremer Institut für Weltwirtschaft, gebildet aus den
Überresten von Frank Hallers vormaligem BAW-Institut für
Regionalwirtschaft, empfiehlt die Errichtung eines Archäologischen
Freizeitparks auf dem Bahnhofsvorplatz.
4. August: Die geplante Mitgliederbefragung der SPD nach dem künftigen
Bürgermeister scheitert am Einspruch des Fraktionsvorstands. "Solche
pseudodemokratischen Akklamationsverfahren sind nur etwas für abgehalfterte
Wählervereinigungen aus dem bürgerlichen Lager", erklärt Fraktionschef
Tschöpe auf einer improvisierten Pressekonferenz.
28. August: Das ehemalige Bremerhavener Mediterraneo eröffnet als
"Undersee-World".
1. September: Michael Börgerding tritt sein Amt als Theaterintendant am
Goetheplatz an. Aus Linz erreicht ihn ein wortloses Grußtelegramm.
23. September: Vorgezogene Neuwahlen in Bremen: Die Grünen werden mit 34
Prozent Wahlsieger. Die SPD fällt auf 27, die CDU auf 12 Prozent zurück.
Der FDP gelingt mit fünf Prozent ein so furioser Wiedereinzug in die
Bürgerschaft, dass mangels Kandidaten nur die Hälfte der errungenen Mandate
angenommen werden kann. Linkspartei und Piraten sind mit je neun Prozent
dabei, Wutbürger Timke bleibt Einzelabgeordneter.
22. Oktober: Die Bremer Universität wird offiziell zur Außenstelle der
Hamburger Bundeswehr-Hochschule ernannt. Immerhin soll ihr ein eigener Name
in Anlehnung an das Hamburger Haupthaus zugebilligt werden:
Loki-Schmidt-Universität. Rektor Scholz-Reiter spricht von einem
"substanziellen Verhandlungserfolg", der sich "nicht wegdiskutieren" lasse.
11. November: Nach dem Scheitern diverser Koalitionsverhandlungen
beschließen die Grünen, als Minderheitsregierung anzutreten. Jan Timke
signalisiert seine Tolerierungsbereitschaft, CDU und SPD bilden eine "Große
Opposition".
23. Dezember: Der Beirat Neustadt bringt den Huckelrieder Loreweg für eine
Loriot-Ehrung ins Gespräch. "Auf den Schildern müssten nur wenige
Buchstaben ergänzt werden", heißt es in der einstimmigen Entscheidung des
Beirats. So sei der Beschluss als substanzieller Beitrag zur Entschärfung
der Bremer Haushaltsnotlage zu verstehen.
30. Dezember: In einem verspäteten Bekennerschreiben erklärt die
Piraten-Partei, die Elefantenstoßzahnsplitter in der Baugrube auf dem
Bahnhofsvorplatz deponiert zu haben. Es habe sich um "eine inoffizielle
temporäre Leihgabe" aus den Depots des nahen Übersee-Museums gehandelt -
die durchaus ihre Wirkung entfaltet habe.
30 Dec 2011
## AUTOREN
Henning Bleyl
Henning Bleyl
## TAGS
Bremen
Polyamorie
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