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# taz.de -- Organspende via Facebook: Neue Niere? Gefällt ihm!
> Mit einem Aufruf auf Facebook ist es dem schwer kranken Damon Brown
> gelungen eine Organspenderin zu finden. Noch in dieser Woche soll er eine
> neue Niere bekommen.
Bild: Spenderin via Facebook gefunden: Facebook-Freunde - mehr als nur flüchti…
SEATTLE taz/dapd | Damon Brown ist 38 Jahre alt und muss regelmäßig zur
Dialyse, weil er an einer schweren Nierenerkrankung leidet. Ein
Spendenaufruf auf Facebook führte dazu, dass er eine passende Spenderin
fand.
So wie viele andere Nierenkranke stand Brown auf einer internationalen
Transplantationsliste und wartete auf ein passendes Spendeorgan. Sein
Zustand verschlechterte sich und auf eine Spende eines Verstorbenen hätte
er mindestens drei Jahre warten müssen.
So entschloss sich der zweifache Familienvater gemeinsam mit seiner Ehefrau
Bethany eine Seite im Online-Netzwerk Facebook einzurichten und nach einer
passenden Spenderin zu suchen. Sie erreichten mehr als 1.400
Facebook-Freunde. Und dann: Die 45-jährige Jacqueline Ryall, eine Bekannte
der Familie, meldete sich als Spenderin.
Brown bekommt voraussichtlich noch Ende dieser Woche seine neue Niere. "Sie
sagte, sie tue das eigentlich nicht für mich", erzählte Brown der
Nachrichtenagentur dapd. "Es ist für meine Kinder, weil sie einen Vater
verdienen." Seine Ehefrau kennt die Spenderin schon seit Jahren, sie ist
aber keine enge Freundin der Familie. Ohne Facebook wäre der Kontakt
wahrscheinlich nicht zustande gekommen.
## In Deutschland nicht möglich
In Deutschland wäre eine derartige Suche via Facebook nicht möglich. Das
deutsche Transplantationsgesetz sieht vor, dass eine Lebendorganspende nur
unter engen Verwandten, Ehepartnern, Verlobten oder unter Menschen, die
sich persönlich sehr nahe stehen, durchgeführt werden kann. Zudem prüft
eine Gutachterkommission zuvor, ob die Spende freiwillig erfolgt und keine
finanziellen Interessen bestehen. Die Lebendorganspende ist nach geltendem
Recht eine Ergänzung zur postmortalen Spende, also der Organspende eines
Verstorbenen.
##
In den meisten Fällen bleibt den Kranken nichts anderes übrig, als auf ein
passendes Spendeorgan zu warten. Dafür ist die Registrierung auf
Transplantationslisten nötig. In der Regel dauert das mehrere Jahre. Die
Transplantationszentren müssen Wartelisten der Personen führen, die ein
vermittlungspflichtiges Spenderorgan benötigen. Eine Entscheidung über die
Reihenfolge von Organ- und Gewebespenden darf nur nach medizinischen
Kriterien wie Erfolgsaussicht oder Dringlichkeit erfolgen, nicht nach
finanziellen oder sozialen Kriterien.
## "Mehr und mehr Leute finden sich über die sozialen Medien"
Damon Browns Spenderin kennt die Familie nur flüchtig und hat sich dennoch
dazu bereit erklärt ihre Niere zu spenden. Da sie keine enge Verwandte ist
und nach eigenen Angaben auch keine enge Freundin der Familie, wäre in
Deutschland eine solche Transplantation nicht möglich. In den USA gibt es
dazu keine Reglung, so dass eine Lebendorganspende von Fremden oder
Facebook-Freunden gegen keine gesetzliche Regelung verstößt.
Das sei gar nicht so außergewöhnlich, erklärt die gemeinnützige
Organisation United Network for Organ Sharing, die für die
US-Bundesregierung die Organtransplantationen in den USA organisiert. "Mehr
und mehr Leute finden sich über die sozialen Medien", sagte die Sprecherin
April Paschke der Nachrichtenagentur dapd. "Das ist eine Ausweitung unserer
Kommunikation. Vor dem Internet haben die Menschen andere Wege gefunden:
über ein Kirchenblatt, Mundpropaganda oder Anzeigen."
Fraglich ist, ob die Verbreitung eines Organspendenaufrufs auf Facebook mit
einer Anzeige im Kirchenblatt vergleichbar ist. Der Aufruf von Damon Brown
erreichte 1.400 Facebook-Freunde. Alle Freunde konnten den Status des
Kranken verfolgen und kommentieren. Vor einigen Wochen, als die
Transplantation von Damon Brown genehmigt war, teilte Brown die guten
Nachrichten auf seiner Facebook-Seite mit. Mehr als 300 Menschen
antworteten. "Wow, was für ein tolles Weihnachtsgeschenk", schrieb Kelly
Hallissey. "Das ist fantastisch", schrieb Brenda Tomtan. Offensichtlich hat
man es mit einer ganz anderen sozialen Tragweite zu tun.
Denn zum einen entscheidet die soziale Vernetzung über die Chance auf einen
Spender. Demnach spielt hier – anders als auf Wartelisten der
Transplantationszentrum – das soziale Kriterium eine entscheidende Rolle.
Zum anderen ist es, anders als bei engen Verwandten und Ehepartnern,
schwieriger nachzuvollziehen, ob nicht monitäre Beweggründe eine Rolle
spielen.
4 Jan 2012
## AUTOREN
Sevilay Karaduman
## TAGS
Schwerpunkt Meta
Recherchefonds Ausland
Schwerpunkt Meta
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