# taz.de -- Soziales Netzwerk auf Kuba: Castros roter Daumen | |
> Kubas sendungsbewusste Kader haben das soziale Netzwerken für sich | |
> entdeckt. Sie wollen Facebook für die Insel – aber zu ihren Bedingungen. | |
> So entstand „redsocial“. | |
Bild: Internet? Das können sich auf Kuba nur wenige leisten | |
„Ein virtueller Treffpunkt für Studenten“ steht unter der Silhouette der | |
Insel in geschwungenen Linien. Daneben können alle nötigen Daten eingegeben | |
werden, um sich einzuloggen. Ganz so wie beim Vorbild Facebook. Das | |
Online-Netzwerk stand – wie das Layout auf den ersten Blick verrät – Pate | |
und ist auch Vorbild von „redsocial“. | |
So heißt die neueste Errungenschaft der kubanischen Regierung im digitalen | |
Raum. Seit Anfang Dezember ist die Seite, die nur von der Insel aus besucht | |
werden kann, online. | |
Ziel ist es, Facebook Konkurrenz zu machen – zumindest auf der Insel. | |
„Keine schlechte Idee“, so der kubanische Journalist und Blogger Iván | |
Garcia. Für ihn hat es etwas für sich, dass man dem weltweit stetig | |
wachsenden sozialen Netzwerk auf nationaler Ebene etwas entgegenstellt. | |
Das es ein schlichter Klon ist, zeugt, so der kubanische Internetuser Liu | |
in einem Chat zum Thema auf der halboffiziellen Seite „Cubadebate“, nicht | |
gerade von überbordender Kreativität. Aber die Alternative wird in Kubas | |
kleiner Internet-Community durchaus wahrgenommen. In den ersten Tagen | |
landeten immerhin ein paar Tausend Internetuser, in Kuba Internautas | |
genannt, auf der neuen Homepage und registrierten sich für „redsocial“, was | |
auf deutsch nichts anderes als soziales Netzwerk heißt. | |
Das will man eben auch in Kuba haben. Vor allem an den Universitäten des | |
Landes sei das Netzwerk von oben gut angekommen, berichten kubanische | |
Medien mit Verweis auf die beiden Organisationen, die hinter der Initiative | |
stehen: das Ministerium für höhere Bildung und ein Fachinstitut für Bergbau | |
aus Holguín, einer Stadt im Osten der Insel. Gedacht ist das Online-Angebot | |
als virtueller Schnittpunkt von Universitäten, Lehrenden und Lernenden. | |
## Nur 2 Prozent der Bevölkerung online | |
Doch dahinter steckt auch as Interesse der politischen Führung, die Wege | |
der kubanischen Internetuser besser zu kontrollieren, mutmaßt Iván Garcia. | |
„Über das Original erreichen die kubanischen User eine Fülle von Fotos, | |
aber auch Presseartikel und Fernsehbeiträge.“ Genau das scheint nicht im | |
Interesse der politischen Führung in Havanna zu sein, die sich in den | |
letzten Monaten recht intensiv mit der Rolle der neuen Medien | |
auseinandergesetzt hat. | |
Jüngstes Beispiel ist eine Konferenz Ende November in Havanna über | |
alternative Medien und soziale Netze, auf der Außenminister Bruno Rodríguez | |
den Teilnehmern wenig Hoffnung machte, dass der Internetzugang zukünftig | |
für alle erschwinglich sein werde. Zu teuer, lautet das offizielle | |
Argument. Der Run auf Facebook, Twitter und Co. zeigt allerdings auch, dass | |
die Kubaner überaus findig sind, wenn es darum geht, online zu gehen. | |
Internautas wie Iván Garcia schätzen, dass rund 90 Prozent der kubanischen | |
User bei Facebook registriert sind. Ein Beleg für den Einfluss der sozialen | |
Netze, die trotz lahmer Leitungen und teueren Zugangs ihre Fans haben. Ein | |
Stunde im Netz kostet zwischen sechs und zwölf US-Dollar, gerade einmal 3 | |
von 100 Kubanern haben einen Computer und nur zwei Prozent der Bevölkerung | |
verfügt über einen Zugang zum Netz. | |
## Internetzugang für alle? Zu teuer | |
Doch online zu gehen ist nicht nur teuer, sondern dauert auch ausgesprochen | |
lange. Gerade ein paar Dutzend Kilobyte pro Sekunde können die Leitungen in | |
die eine oder andere Richtung passieren und so ist der Zugang zu Facebook, | |
Twitter und Co. eine echte Geduldsprobe. | |
Das muss sich ändern, mahnen enge Freunde von Fidel Castro wie der Franzose | |
Ignacio Ramonet, ehemaliger Herausgeber der Le Monde Diplomatique. „Ohne | |
eine hinreichend breite Auffahrt ins www droht die Insel den Anschluss an | |
die internationale Entwicklung zu verlieren“, so Ramonet Anfang Dezember | |
bei einem Vortrag an der Universität Havanna. | |
Deutliche Worte, doch derzeit weiß niemand, ob und wann endlich das | |
Fiberglaskabel zum Einsatz kommt, das zwischen Kuba und Venezuela gelegt | |
wurde. Es soll Kuba in ein neues Internetzeitalter führen und ist eine | |
Vorraussetzung für den Erfolg von Initiativen wie „redsocial“ – denn auch | |
das braucht eine schnelle Leitung. | |
1 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Karl Kaufmann | |
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