Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit um Flugrouten dauert an: Lärm ist kein Geheimnis mehr
> Der Staatssekretär beichtet seine Einflussnahme, das Umweltbundesamt
> stellt sein Lärmgutachten für Schönefeld online. Darin wird konsequente
> Nachtruhe gefordert
Bild: Über den Müggelsee oder den Wannsee? Der Streit um die Flugrouten für …
Keine Flüge über dem Wannsee, Ruhe zwischen 22 Uhr und 6 Uhr und
Alternativensuche zur Müggelseeroute - das Umweltbundesamt (UBA) bleibt in
seinem Lärmgutachten für den Flughafen BER in Schönefeld standhaft. Die
aktuellen Flugroutenvorschläge würden der "komplexen Besiedelungsstruktur
in der Umgebung des Flughafens BER nur unzureichend gerecht", heißt es in
dem 166 Seiten umfassenden Papier, das die Behörde am Mittwochmittag auf
ihrer Internetseite veröffentlichte. Das Gutachten hatte in den vergangenen
Tagen unerwartete Brisanz erfahren, weil das UBA eine dafür anberaumte
Pressekonferenz auf Druck des Bundesverkehrsministeriums kurzfristig
abgesagt hatte. Gleichwohl bekräftigt die oberste Umwelt-Behörde der
Bundesregierung darin ihre Forderungen nach weitreichendem Lärmschutz für
die Anrainer des neuen Flughafens. Die Stellungnahme ist Teil des
Genehmigungsverfahrens für die BER-Flugrouten; diese sollen am 30. Januar
bekannt gegeben werden. Der Airport wird voraussichtlich gut vier Monate
später, am 3. Juni, in Betrieb gehen.
Das UBA empfiehlt, den Lärmschutz für die Menschen um Wannsee, Müggelsee
und Havelseen zu überarbeiten. Über den Wannsee solle zwischen 6 und 22 Uhr
nicht geflogen werden; da gleichzeitig die Forderung einer strikten
Nachtruhe zwischen 22 Uhr und 6 Uhr wiederholt wird, wäre der Wannsee
komplett als Flugraum gestrichen. Die Müggelsee-Route bewertet das UBA als
problematisch: Zwar würden dadurch weniger Menschen belastet, als wenn, wie
ursprünglich vorgesehen, über Erkner geflogen würde. Die Bewohner Erkners
werden ohnehin unter landenden Fliegern leiden. Durch die späte Information
der Müggelsee-Anrainer allerdings "sind nun Menschen betroffen, die davon
ausgegangen sind, gerade nicht durch den Flughafen BER durch Fluglärm
berührt zu sein". Das UBA hält deswegen die Ausweichroute über die Gosener
Wiesen für möglich. Die Deutsche Flugsicherung als Planerin lehnte diese
Route bislang ab.
## Praxistext geplant
Auch das Bundesverkehrsministerium geht davon aus, dass die Müggelseeroute
bleibt. Staatssekretär Klaus-Dieter Scheurle (CSU) sagte am Mittwoch, es
handele sich um einen schwierigen Abwägungsprozess: Würde der Müggelsee von
Lärm verschont, würden andere Menschen zusätzlich belastet. "Das Thema wird
immer im Optimierungsmodus bleiben", so der Staatssekretär. Eine Wurzel des
Fluglärm-Übels ist die Vorgabe, dass von beiden Start- und Landebahnen
unabhängig geflogen werden soll - das steht im Planfeststellungsbeschluss,
hinter dem beide Landesregierungen und der Bund stehen. "Das steht
rechtlich fest", so Scheurle. Nur so könne der größte Flughafenkunde Air
Berlin in Schönefeld sein Drehkreuz für Umsteigeverbindungen aufbauen.
Grundsätzlich sollen die Flugrouten in der Praxis evaluiert werden. "Was
tatsächlich passiert, sieht man erst, wenn der Flughafen in Betrieb ist."
Dann würde etwa überprüft, ob sich Maschinen, die von der Nordbahn in
Richtung Westen starten, wie gewünscht ab einer bestimmten Höhe gleichmäßig
über der Stadt verteilen.
Scheurle gestand, Druck auf das UBA wegen der Gutachten-Präsentation
ausgeübt zu haben. Er habe am Montag drei Mal mit der UBA-Chef Jochen
Flasbarth telefoniert und ihn gebeten, die Pressekonferenz nicht
abzuhalten. "Ich finde es wichtig, dass man sich unter Behörden so benimmt,
dass man ein gemeinsames Auftreten sicherstellt und keine Rosinen pickt, um
eine gewisse Öffentlichkeit für sich zu erhaschen", sagte der
Staatssekretär zur Verteidigung. Er habe hingegen keine Einwände gegen die
nun erfolgte Online-Veröffentlichung gehabt.
## Nur "Missverständnisse"?
Das UBA untersteht dem Bundesumweltministerium, rein rechtlich hätte
Scheurle die Pressekonferenz nicht verhindern können. Vergleiche mit der
dem Verkehrsministerium zugeordneten DFS, die mehrfach mit Plänen an die
Öffentlichkeit gegangen war, wehrte er ab. Das sei vor dem formellen
Prozess geschuldet gewesen, der nun ablaufe, so Scheurle. Er hatte am
Vormittag bereits Vertreter von Initiativen empfangen, um
"Missverständnisse" zu klären. Zahlreiche Anwohnervertreter hatten
angesichts der abgesagten Pressekonferenz befürchtet, die Bundesregierung
wolle Informationen geheimhalten. Sie sprachen von einem "Maulkorb" für die
Behörde.
11 Jan 2012
## AUTOREN
Kristina Pezzei
## TAGS
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
## ARTIKEL ZUM THEMA
Großflughafen vor der Eröffnung: Friedensengel fliegen auf Schönefeld
Die Regierungschefs Klaus Wowereit und Matthias Platzeck werben für den
Airport - zusammen mit noch größeren Staatsmännern.
Wachsender Widerstand gegen Fluglärm: Massenprotest am Boden
Es begann mit Unmutsbekundungen im Lokalen. Nun erregt Fluglärm bundesweit
die Gemüter. An allen großen Flughäfen soll es gemeinsame Demos geben.
Flughafen Schönefeld: Wenn der Lärmberater klingelt
Ein Team des Flughafens soll Anwohner zu Schallschutzmaßnahmen beraten.
Initiativen kritisieren jedoch, das Konzept komme spät - und gehe am
Problem vorbei.
Flugrouten für Schönefeld: Von oben wird's laut
Die vorgestellten Routen sind fast ohne Alternative, sagt das
Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung. Bürgerinitiativen beschweren sich bei
der EU-Kommission.
Flugrouten für Schönefeld: Krach landet im Osten
Die Start- und Landerouten für Berlin-Schönefeld stehen fest – sie werden
auch über den Müggelsee führen. Gegner wollen klagen, die Linkspartei
kritisiert den Senat.
Kommentar Flugrouten: Effizienz sticht Ideologie
Verlierer sind die Menschen im Osten der Stadt. Doch die Debatte der
letzten eineinhalb Jahre hat auch Tausende Gewinner hervorgebracht.
Neue Routen: Fluglärm-Gutachten nun im Netz
Das Umweltbundesamt hat das Gutachten zum Fluglärm jetzt veröffentlicht -
bereits zuvor waren Inhalte bekannt geworden.
Zurückgehaltenes Gutachten: Fluglärm darf nicht wahr sein
Das Umweltbundesamt sagt eine Pressekonferenz kurzfristig ab, bei der es um
ein kritisches Gutachten gehen sollte.
Stellungnahme des Umweltbundesamts: Mehr Ruhe für den Flughafen
Umweltbundesamt fordert strikteres Nachtflugverbot und teilweise veränderte
Routen für den neuen Flughafen in Schönefeld.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.