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# taz.de -- Kolumne Fernsehen: Wie zu kolumnieren sey
> Fernseh-Kolumnen schreiben ist gar nicht schwer! Eine praktische
> Handreichung für jedermann, in acht handlichen Absätzen.
Bild: Sehr wichtig auch: ein Foto, das neugierig macht und für Klicks sorgt. K…
Der erste Satz muss sitzen. Die Leser sofort reinziehen. Eine situative
Alltagsbeschreibung, eine zeitlose Weisheit, ein Bezug zur aktuellen
Nachrichtenlage (Wulff!). Denkbar ist auch der Aufbau einer klassischen
Simpsons-Folge: Mit irgendwas absurd Komischem beginnen, um auf etwas
komplett anderes zu kommen.
Spätestens im zweiten Absatz muss man dann aber ans eigentliche Thema ran.
Ruhig langsam eingrooven und blumig beschreiben, irgendwie muss der Text ja
voll werden. Aktuell vielleicht was zum "Dschungelcamp", zu "Unser Star für
Baku", zu Ashton Kutcher als Sheen-Nachfolger bei "Two and a Half Men".
Oder: 10 Jahre Ende von Viva II. Das war noch Fernsehen. Charlotte Roche.
Hach!
Für Saure-Gurken-Wochen gibt es die Dauerbrenner. Wo jeder mitreden kann,
so wie im echten Leben über Wetter, Facebook und die Deutsche Bahn. Was
immer geht: "Tatort", "Wetten, dass ..?", Castingshows, der
Talkshowwahnsinn der ARD, die Innovationsunfreundigkeit des deutschen
Fernsehens im Allgemeinen und der Öffentlich-Rechtlichen im Speziellen.
Been there, done that. Und natürlich die epische Genialität der HBO-Serien,
die ja das Einzige sind, was die Großstadtboheme noch guckt. Die neuen
Romane! Aber wem sage ich das.
Alternativ beschreibt man irgendeine konkrete Fernsehnase oder -sendung.
Möglichst wen aus der zweiten oder dritten Reihe, da fällt es nicht so auf,
wenn Details nicht stimmen. Das dann bitte bösartig, aber fundiert. "Das
Prinzip Plasberg" etwa. "Die Opdenhövel-Masche". Unterstreichen kann man
das gut, indem man typische Sätze und Gesten beschreibt. "Wenn Jörg
Thadeusz glaubt, gleich etwas sehr Kluges zu sagen, schaut er erst mal nach
links und nach rechts." Klingt gut, oder?
Was hingegen gar nicht geht: Kulturpessimismus. Soll ich Ihnen etwa
erzählen, dass ich gar keinen Fernseher habe und ihn auch nicht brauche?
Klar, für diese Haltung wurde die taz einst gegründet. Aber in der
Postpostmoderne kann man Fernsehen nicht einfach um seiner selbst Willen
schlecht finden. Das wäre ja viel zu einfach.
Einmal pro Quartal ist allerdings ein Empören über den skrupellosen Umgang
der Privaten mit den Protagonisten ihrer Kuppel- und Castingshows völlig
angemessen (aktuelles Beispiel: "Schwer verliebt". Ab nächste Woche dann
wieder: Bohlen und DSDS).
Nach einer Handvoll mittelguter Pointen, einigen Tritten gegen schon am
Boden Liegende (Seniorensender ZDF, höhöhö), popkulturellen Referenzen für
den Distinktionsgewinn und ein paar hastig zusammengegoogelten Fun Facts
und Statistiken wird es spätestens im siebten Absatz Zeit für die steile
These. Generell gilt: immer die Gegenposition beziehen. Und zwar die zum
Antimainstream, das macht interessant. Seriengucken ist total nuller Jahre,
heute guckt man wieder Filme!!! Na ja. Glaubt mir jetzt keiner. Aber Sie
haben das Prinzip verstanden.
Am Ende noch ein Abbinder. Eine Pointe. Oder irgendwas, das die These noch
mal um 180 Grad umbürstet. Notfalls eine ironische Distanzierung. Und
schließlich: ein lakonischer Schlusssatz. Fertig.
13 Jan 2012
## AUTOREN
Michael Brake
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