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# taz.de -- Schlechte Bezahlung für Leiharbeiter: Lohndumper sollen nachzahlen
> Unionspolitiker wollen Lohndumper vor Nachzahlungen an ihre Angestellten
> bewahren. Doch das Arbeitsministerium hält davon nichts.
Bild: Gelbe Karte: Protest gegen schlechte Bedingungen bei der Leiharbeit.
BERLIN taz | Schlappe für den CDU-Wirtschaftsflügel: Das
Bundesarbeitsministerium (BMAS) hat es in einer Verhandlungsrunde am
Montagabend weiterhin abgelehnt, Firmen, die Lohndumping-Tarifverträge der
Leiharbeitsgewerkschaft CGZP angewendet haben, vor Nachzahlungen von Lohn-
und Sozialkassenbeiträgen zu schützen.
Einige CDU-Abgeordnete, darunter Michael Fuchs und Joachim Pfeiffer, hatten
für die Betriebe, "Vertrauensschutz" gefordert, um sie vor den
Nachzahlungen zu bewahren. So sollten massenhaften Insolvenzen abgewendet
werden, argumentieren die Parlamentarier. "Wir sehen keine Anzeichen für
eine Pleitewelle bei Leiharbeitsfirmen. Zudem ist die Rechtslage relativ
eindeutig", sagte dazu jedoch Jens Flosdorff, Sprecher des BMAS, zur taz.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte im Dezember 2010 die CGZP für
tarifunfähig erklärt. Die Gewerkschaft hatte Tarifverträge mit
Stundenlöhnen von teilweise unter fünf Euro im Angebot. In Folge des
Urteils hat die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) bisher über 2.100
Betriebe geprüft. Sie will so ausstehende Beiträge zu den Sozialkassen
eintreiben.
Weil nämlich die alten CGZP-Tarifverträge nicht mehr gelten, haben die
Leiharbeiter Anspruch auf die oft deutlich höheren Löhne der
Stammbeschäftigten - und die Sozialkassen auf entsprechend höhere
Sozialversicherungsbeiträge. Den Kassen könnten zwei Milliarden Euro
zustehen, besagen Schätzungen.
Die CDU-Parlamentarier argumentieren unter anderem, dass
Leiharbeitsunternehmen oder Entleihbetriebe durch die Nachforderungen
unvorbereitet in die Pleite getrieben würden. Allerdings hat die DRV bei
den über 2.100 Prüfungen gerade einmal 64 Insolvenzfälle ausgemacht. "Diese
Anzahl ist nicht auffällig. Sie liegt sogar noch unter dem Schnitt der
normalen Anzahl von Insolvenzfällen", so Flosdorff. Zudem seien einige
Insolvenzen bereits vor der Prüfung durch die DRV beantragt worden. Im BMAS
befürwortet man deswegen, dass die Rentenversicherung mit ihren Prüfungen
fortfährt. "In Härtefällen gibt es die Möglichkeit einer Stundung", sagte
Flosdorff.
## Wirtschaftsflügel fordert Amnestie
Das Bundesarbeitsgericht will noch im Februar in einem sogenannten
Beschlussverfahren feststellen, ob die Tarifunfähigkeit der CGZP bereits
seit 2003, dem Jahr, in dem sie den ersten Tarifvertrag abschloss, bestand.
Das aber, so sagen etliche Juristen, sei nur noch eine Formsache. Zwar
hatte das BAG in seinem Urteil vom Dezember 2010 aus formalen Gründen der
CGZP die Tariffähigkeit nur für die Gegenwart abgesprochen.
Doch die Gründe, die die obersten Arbeitsrichter dafür in Erfurt anführten,
lagen auch schon in der Vergangenheit vor. Auch ein Gerichtssprecher
unterstrich damals, dass die CGZP von Anfang an an einem Geburtsfehler
gelitten habe, somit auch in der Vergangenheit keine Tarifverträge
abschließen durfte. Einige Arbeitsgerichte sprechen Leiharbeitern deswegen
seit dem BAG-Urteil Lohnnachzahlungen zu.
Als letzten Rettungsanker haben die CDUler die Forderung nach einem neuen
Gesetz ins Spiel gebracht, um Leiharbeitsfirmen und Entleiher vor
Nachforderungen zu bewahren. Doch ob solch eine Sonderregelung für eine
ausgesuchte Gruppe von Betrieben vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand
hätte, ist zweifelhaft. Unklar ist auch noch, ob sich die CDU-Fraktion das
Vorhaben zu eigen machen wird. Das BMAS teilte derweil mit, die Gespräche
mit den CDU-Parlamentarieren würden fortgesetzt. Man warte jetzt auf die
Beschlussfassung des Bundesarbeitsgerichts.
17 Jan 2012
## AUTOREN
Eva Völpel
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