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# taz.de -- Streit über Leiharbeiter bei BMW: Nur jeder Zehnte bleibt kleben
> In Leipzig will der Betriebsrat von BMW den Dauereinsatz von Leiharbeit
> nicht mehr tolerieren. Nun klagt das Unternehmen. Der Fall könnte zum
> Grundsatzurteil werden.
Bild: Leiharbeiter oder Angestellte?
LEIPZIG taz | Ab Mittwoch wird vor dem Arbeitsgericht Leipzig erstmals
zwischen BMW und dem Betriebsrat des Leipziger Werks über Leiharbeit
verhandelt. Beide Parteien konnten sich nicht auf einen zeitlich begrenzten
Einsatz von Leiharbeitern einigen. Daraufhin verweigerte der Betriebsrat
seine Zustimmung für die fortgesetzte Beschäftigung von 1.100 dieser
Arbeitskräfte im laufenden Jahr. Laut Betriebsverfassungsgesetz muss sich
die Geschäftsführung nun die Zustimmung durch ein Gerichtsurteil ersetzen
lassen.
Weder der BMW-Betriebsrat noch die sie unterstützende Gewerkschaft IG
Metall sind grundsätzlich gegen Leiharbeit. Betriebsratsvorsitzender Jens
Köhler sagte jedoch, viele Leiharbeiter würden dauerhaft und nicht nur
"vorübergehend" eingesetzt, wie die dehnbare Formulierung im
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz lautet. Es regelt die Bedingungen, zu denen
Leiharbeit stattfinden darf. Betriebsrat und IG Metall erhoffen nun
gerichtlich eine grundsätzliche Klärung der Frage, was "vorübergehend"
bedeutet.
Eine Umfrage der Gewerkschaft unter 4.500 Leiharbeitern ergab im November
2011, dass 55 Prozent von ihnen länger als zwölf Monate auf ein und
derselben Stelle arbeiteten. "Dass immer mehr Leiharbeiter beschäftigt
werden, führt zur Verdrängung der Stammbelegschaft", kritisierte Köhler.
Zur Werkseröffnung hatte BMW angekündigt, in Leipzig 5.000 neue
Arbeitsplätze zu schaffen. Laut Köhler arbeiten auf dem BMW-Gelände 2.700
Stammbeschäftigte, 1.100 Leiharbeiter und rund 2.000 Beschäftigte von 26
Zuliefer- oder Logistikfirmen auf Werkvertragsbasis. Die Werksvertragler
sind von tariflichen Regelungen ausgeschlossen und noch einmal schlechter
gestellt als die Leiharbeiter. Diesen wird zumindest der gleiche Grundlohn
wie den festangestellten Stammbeschäftigten bezahlt, die Leiharbeiter
müssen aber auf übertarifliche Zulagen verzichten.
Eine zeitliche Befristung des Einsatzes einzelner Leiharbeiter lehnt die
BMW-Geschäftsführung laut Sprecher Jochen Müller weiterhin grundsätzlich
ab. "Wir müssen flexibel auf die wirtschaftliche Konjunktur reagieren
können." Leiharbeiter hätten aber gute Aussichten auf einen der 350
regulären Arbeitsplätze, die 2012 voraussichtlich neu geschaffen würden,
sagte Müller.
## Rekordhoch im Sommer 2011
Die Umfrage zeigt jedoch, dass nur wenige Leiharbeiter in der Metall- und
Elektroindustrie darauf hoffen können, als Stammbeschäftigte übernommen zu
werden. Maximal zehn Prozent profitieren demnach vom sogenannten
Klebeeffekt.
Ende Juni 2011 erreichte die Zahl der Leiharbeiter in Deutschland nach
Angaben der Bundesagentur für Arbeit mit 910.000 ein Rekordhoch. Bodo
Grzonka, IG-Metall-Sprecher für den Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen,
spricht deswegen von einer "systematischen Ausfransung tariflicher
Regelungen" seitens der Arbeitnehmer. Der Arbeitsmarkt müsse"zivilisiert"
werden, so seine Forderung.
In der aktuellen Tarifrunde will die IG Metall erwirken, dass Leiharbeiter
flächendeckend Branchenzuschläge erhalten und auf Betriebsebene die
Möglichkeit für die Zahlung von Einsatzzulagen geschaffen werden. Die
Gewerkschaft sieht das als einen wichtigen Schritt hin zur vollständigen
Gleichbezahlung von Leiharbeitern und Stammbeschäftigten. Außerdem sollen
Betriebsräte künftig bei Umfang und Dauer des Einsatzes von Leiharbeitern
mitbestimmen dürfen.
15 Feb 2012
## AUTOREN
Jennifer Stange
## TAGS
BMW
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