# taz.de -- Sozialverbände fordern mehr: Miniverbesserungen für Demenzkranke | |
> Die Koalition will die Beitragserhöhung in der Pflegeversicherung | |
> Dementen zugutekommen lassen. 1,3 Millionen Demente bekämen jährlich | |
> 770.000 Euro mehr. | |
Bild: Mehr Geld für Demenzkranke ab 2013 verspricht die Koalition. | |
BERLIN taz | Die geplante Erhöhung der Beitragssätze der Pflegeversicherung | |
auf 2,05 Prozent zum 1. Januar 2013 soll vor allem Demenzkranken | |
zugutekommen, die zu Hause betreut werden und keine oder geringe Leistungen | |
aus der Pflegeversicherung erhalten. Das sagte Unionsfraktionsvize Johannes | |
Singhammer (CSU) am Mittwoch der taz. | |
"Die Erhöhung um 0,1 Beitragssatzpunkte entspricht etwa 1,1 Milliarden | |
Euro. In der Koalition sind wir uns einig, dass dieses Geld zu 70 Prozent, | |
also 770.000 Euro, für Demente ausgegeben wird", sagte Singhammer. | |
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) sagte, 500.000 der insgesamt | |
1,3 Millionen Dementen würden von der Regelung profitieren. | |
Geplant ist, dass Personen mit erheblich "eingeschränkter Alltagskompetenz" | |
in der Pflegestufe 0, die bislang kein Geld erhielten, künftig 225 Euro | |
monatlich an Pflegesachleistungen bekommen. In den Stufen 1 und 2 erhöhen | |
sich die Leistungen von derzeit 450 Euro auf 665 Euro bzw. von 1.100 auf | |
1.250 Euro. | |
Das übrige Geld – 330.000 Euro – soll pflegenden Angehörigen zugutekommen, | |
die beispielsweise eine kurze Auszeit von der Pflege nehmen wollen, sowie | |
der Förderung neuer Wohnformen. Die Verbesserungen, sagte Bahr, träten zum | |
1. Januar 2013 in Kraft. Sie seien berechnet bis 2015. Aus gutem Grund: | |
Dank der Rücklagen reichen die Gelder in der Versicherung nach Schätzungen | |
bis 2015. Danach müssten die Beiträge erneut angehoben werden. | |
Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte die Pläne als "Tropfen auf | |
dem heißen Stein". Der Sozialverband VdK forderte, das Ministerium solle | |
endlich den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff umsetzen. Dieser umfasst fünf | |
statt der heutigen drei Pflegestufen und berücksichtigt neben körperlichen | |
auch seelisch-geistige Beeinträchtigungen. | |
"Würde diese Einteilung angewandt, hätten schon heute viele Demenzpatienten | |
Zugang zu Leistungen aus der Pflegeversicherung", sagte VdK-Präsidentin | |
Ulrike Mascher. Statt dessen hätten von 4 Millionen Menschen, die zu Hause | |
gepflegt werden, darunter 1,3 Millionen Demente, 2,5 Millionen keine | |
Pflegestufe oder Pflegegeld. | |
Bahr will nicht sagen, ab wann der neue Begriff gelten soll. Nach | |
Informationen der taz wird die Umsetzung wohl nicht mehr in der laufenden | |
Legislaturperiode erfolgen. | |
18 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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