# taz.de -- Neues Gesetz zu Patientenrechten: Wenige Rechte mehr | |
> In einem neuen Gesetz sollen die Rechte von Patienten gebündelt werden. | |
> Doch Opposition und Patientenverbänden fehlt ein wirklicher Fortschritt. | |
Bild: Das Gesetz bietet mehr Schutz vor groben Ärztefehlern. | |
BERLIN taz | Patienten in Deutschland sollen es künftig leichter haben, | |
ihre Rechte auf Schadenersatz nach ärztlichen Behandlungsfehlern gegenüber | |
Medizinern und Kliniken geltend zu machen. Das sieht ein 46-seitiger | |
Gesetzentwurf vor, den der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, | |
Wolfgang Zöller (CSU), maßgeblich erarbeitet hat. Den Entwurf legten am | |
Montag die Bundesminister für Gesundheit und Justiz, Daniel Bahr und Sabine | |
Leutheusser-Schnarrenberger (beide FDP) in Berlin vor. | |
Zentrale Neuerung ist, dass die Patientenrechte, derzeit über diverse | |
Gesetzesbücher verteilt und teilweise nur aufgrund von Gerichtsurteilen | |
geregelt, gebündelt werden. Sie sollen damit leichter einzufordern sein: | |
Arzthaftungs- und Behandlungsrecht sollen ab 2013 im Bürgerlichen | |
Gesetzbuch (BGB) zusammengefasst werden. | |
Die inhaltlichen Neuerungen bleiben weit hinter den Erwartungen der | |
Opposition und vor allem der Patienten- und Verbraucherschutzverbände | |
zurück. So sieht der Gesetzentwurf zwar vor, dass künftig bei groben | |
Behandlungsfehlern - also etwa der Amputation des rechten statt des linken | |
Fußes - die Beweislast beim Arzt liegt. Das aber entspricht schon heute | |
zumindest der gängigen Rechtsprechung. | |
Und: Bei leichten Behandlungsfehlern müssen weiterhin die Patienten | |
nachweisen, dass der gesundheitliche Schaden aufgrund der falschen | |
Behandlung entstanden ist. Damit folgt die Regierung weitgehend den | |
Forderungen der Bundesärztekammer. Die grüne Gesundheitsexpertin Maria | |
Klein-Schmeink kritisierte in diesem Zusammenhang: "Dieser Nachweis ist für | |
einen Laien denkbar schwer zu führen und ist keine faire Rechtsposition." | |
## Kassen zur Beratung verpflichtet | |
Die gesetzlichen Krankenkassen (GKV), die ihre Versicherten bei einem | |
Verdacht auf einen Behandlungsfehler derzeit rechtlich beraten können, sind | |
künftig verpflichtet, dabei zu helfen, Schadenersatz geltend zu machen. | |
Auch dürfen Patienten genehmigungspflichtige Behandlungen auch ohne Okay | |
der Kassen beginnen, wenn diese binnen drei Wochen nicht entschieden haben. | |
Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbands begrüßte die Neuerungen; lange | |
Rechtsstreitereien und Verfahrenstricks zu Lasten der Patienten könnten so | |
vermieden werden. | |
SPD, Linke und Grüne bemängelten, die Regierung verzichte auf zentrale | |
Forderungen, die die Rechte von Patienten erst wirklich stärken würden. | |
Dazu gehörten ein obligatorischer Patientenbrief, der die Diagnose und | |
Behandlung in für Laien verständlicher Sprache darstelle. | |
Aber auch die Pflicht von Ärzten, Behandlungsfehler in einem | |
Zentralregister zu dokumentieren, die Möglichkeit, mehrere Ärzte | |
gleichzeitig für einen Fehler haftbar zu machen (Proportionalhaftung), | |
sowie ein Entschädigungsfonds für Härtefälle, die unter erheblichem Schaden | |
leiden, bei denen ein ärztlicher Behandlungsfehler aber nicht eindeutig | |
ist. | |
Etwa 17.000 Menschen in Deutschland sterben jährlich nach Schätzungen von | |
Patientenrechtsorganisationen an den Folgen ärztlicher Behandlungsfehler; | |
rund eine Million trägt Folgeschäden davon. Nach Angaben des Arbeitskreises | |
Medizingeschädigter verlangen pro Jahr etwa 30.000 Patienten Schadenersatz | |
für Ärztefehler. Nur die Hälfte erhalte jedoch Recht. | |
17 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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