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# taz.de -- Syrischer Frauenrechtler über seine Arbeit: "Niemand interessiert …
> Frauenrechtler Ahmad Mansour über Vergewaltigungen während des Aufstands,
> das Leben im Untergrund, die Arbeit der Arabischen Liga und mangelnde
> Aufmerksamkeit.
Bild: Was mit Frauen passiert, die nach Demonstrationen verhaftet wurden, inter…
taz: Herr Mansour, konnten Sie in Ihre Arbeit für Frauenrechte in den
vergangenen Monaten fortsetzen?
Ahmad Mansour: Wir konnten uns nicht mehr um unsere normale Arbeit kümmern.
Zwangsverheiratungen, Vergewaltigungen, minderjährige irakische
Zwangsprostituierte und unverheiratete Schwangere bekommen keine
Aufmerksamkeit, wenn Menschen, auch Frauen, auf den Straßen erschossen
werden. Niemand Offizielles schätzt unsere Arbeit, und wir bekommen seit
einem halben Jahr keine finanzielle Unterstützung mehr.
Wir arbeiten jetzt als Beobachter und versuchen, zumindest zu
dokumentieren, wie viele Frauen während der Aufstände getötet oder
vergewaltigt worden sind, wie viele verschwunden sind. Es ist hart, denn
die Frauen und Kinder leiden in einer Situation wie der aktuellen in Syrien
am meisten. Es ist besonders hart, dass wir die Frauen, die unter diesen
Umständen am stärksten leiden, meist nicht direkt erreichen und kaum etwas
für sie tun können.
Versuchen Sie sich auch um die Witwen und Familien der getöteten
Demonstranten und Kämpfer zu kümmern?
Es gibt einige neue Gruppen, die sich um diese Frauen und Familien kümmern
wollen. Wir helfen damit, dass wir Kontakte herstellen und so versuchen,
die Frauen und Kinder in Sicherheit zu bringen und ihnen ein wenig zu
helfen.
Wie ist die Lage in Damaskus, ist Militär auf den Straßen stark präsent?
Rings um Damaskus gibt es für das Regime eine rote Linie, wenn sie Damaskus
aufgeben, dann ist ihr Ende nicht mehr weit. Überall gibt es zivil
gekleidete Mitarbeiter der Sicherheit, die besonders auf den großen Plätzen
patrouillieren. Dazu gibt es die Schabiha-Milizen, die richtige Gangster
sind. Teils sind verurteilte Straftäter und Gewaltverbrecher unter ihnen,
die schon bei kleinen Kundgebungen anfangen zu prügeln. Das Militär steht
rings um die Stadt herum, um sicherzustellen, dass keine Aufständischen
herkommen.
Gibt es noch genug Wasser, Benzin und Nahrung?
Wasser und Lebensmittel gibt es in den Geschäften noch in ausreichender
Menge, aber die Preise sind explodiert. Zum Kochen und zum Heizen brauchen
fast alle Syrer Gas, aber das bekommt man nicht mehr auf normalem Wege.
Wenn es welches gibt, dann sieht man Hunderte für Gas anstehen, aber viele
können es sich einfach nicht leisten. Die Wirtschaft, der Tourismus, alles
funktioniert nicht mehr.
Werden die Syrer unter diesen Umständen revolutionsmüde, sehnen sie sich
nicht nach Frieden, egal wer der Präsident ist?
Ich glaube, dass der Großteil der Syrer die Revolution will, jedoch nicht
um jeden Preis. Die Sorge, dass wir in libyschen oder irakischen Umständen
landen, die Angst vor einem echten Krieg ist immens. Und das Regime
versucht diese Angst ständig zu schüren, um wieder mehr Rückhalt zu
erlangen. Es macht regelrecht Panik vor einem Bürgerkrieg zwischen den
Religionsgemeinschaften.
Hat jemand Sie aufgrund Ihrer Arbeit bedrängt oder versucht,
einzuschüchtern?
Ja, ich lebe seit drei Monaten versteckt. Ich bewege mich nur sehr
vorsichtig, da ich an Demonstrationen teilgenommen habe und man versucht
hat, mich festzunehmen.
Was erwarten Sie von der Beobachtermission der Arabischen Liga?
Nichts, denn es bestand keine Chance, dass die Beobachter frei arbeiten
konnten. Das Regime hat ihnen nicht gestattet, die Wahrheit zu sehen und
ich befürchte, dass diese verfälschten Berichte der Welt ein geschöntes
offizielles Bild vermitteln werden.
Erwarten Sie Unterstützung von der NATO oder der EU?
Der NATO vertraue ich nicht, und die EU scheint nicht ernsthaft gewillt zu
sein, eine Lösung für uns zu finden. Die NATO kann das Regime stürzen, aber
auch die Revolution zerstören. Wir müssen das Regime aus eigener Kraft
stürzen.
Wie wirken sich die zahlreichen Embargos auf Syrien aus?
Wir spüren sie. Vieles ist teuer, unerschwinglich oder nicht mehr zu
erhalten.
Wie ist die Situation der rund 1,5 Millionen irakischer Flüchtlinge in
Syrien, erhalten sie noch Nahrung und die finanzielle UN-Winterhilfe, die
es in den letzten Jahren für Gas und Decken gab?
Die Irakis erleben ein schreckliches Déjà-vu, sie fühlen sich in den Irak
2003 zurückversetzt. UNHCR unterstützt sie weiterhin, aber nur mit Bargeld
– viel zu wenig bei den gestiegenen Preisen. Früher gab es Nahrungsmittel,
nun muss jede Familie mit dem kleinen Geld selbst zurechtkommen.
Haben Sie selbst erhöhte Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz ihres Netzwerkes
und ihrer Familie ergriffen?
Natürlich habe ich mich um ein Sicherheitsupgrade meines Computers
gekümmert, aber ich weiß nicht, ob ich damit schlauer bin als die Iraner,
die unserem Regime die neuen digitalen Überwachungsmaßnahmen zur Verfügung
stellen. Jede Familie versucht so gut es geht, auf sich aufzupassen, eher
zu Hause zu bleiben, aber ich muss mich trotzdem draußen bewegen, Berichte
hören, dokumentieren.
Was würden Sie sich für Syrien wünschen? Und was wünschen Sie sich von der
Internationalen Gemeinschaft?
Ich wünschte, das Regime würde aufhören, Menschen zu töten und bald
stürzen. Von den Internationalen wünsche ich mir, dass sie den Druck
erhöhen, jetzt und sofort.
20 Jan 2012
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Schwerpunkt Überwachung
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